THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 26 - 2014 POLITIK 23.06.2014

 

Willkommene Spaltpilze: Jobbik-Neonazis als devote "Botschafter" Ungarns in Moskau

Während der ungarische Regierungschef Orbán mit seiner Autonomie-Forderung für die ethnischen Ungarn in der Ukraine den stimmungstechnischen Testballon für Moskau spielte, sich dabei aber so gründlich in die diplomatischen Nesseln setzte, dass seitdem in Budapest konsequente Funkstille zum Thema herrscht, spielt sich nun wieder die neonazistische Jobbik in Moskau als Botschafter einer "föderalen" Ukraine auf.

Jobbik-Chef Vona post mit seinem Führungsoffizier Béla “IM Piroska” Kovács in Moskau.

Vorige Woche fuhren in diesem Sinne der Jobbik-Chef Gábor Vona, das Vorstandsmitglieder Martón Gyöngyöss (Chefideologe und bekannt für seine "Judenlisten"-Forderung), gleichzeitig Vizechef des Auswärtigen Parlamentskomitees sowie der als russischer Spion beschuldigte Europaabgeordnete Béla Kovács (gerne auch als Vonas Führungsoffizier bezeichnet) nach Moskau, um "die ungarisch-russischen Beziehungen und die Ukraine-Krise" zu besprechen. Dabei führten sie sich wie offizielle Abgesandte der ungarischen Regierung auf und wurden auch fast so behandelt. Immerhin wurden sie vom Chef des Energieausschusses der Duma empfangen, ebenso einem Vertreter der parlamentarischen russisch-ungarischen Freundschaftsgruppe sowie dem Chef der mehrfach wiederbelebten Partei "Heimat", Alexej Dschurawlew, die im Spektrum der geduldeten (bzw. installierten) Opposition die nationalistische Flanke der Putin-Partei Einiges Russland für Jene abdeckt, denen der Schreihals Schirinowski noch nicht rechts genug oder zu jüdischer Abstammung ist. Mit "Einiges Russland" gibt es übrigens jede Menge personeller Überschneidungen.

Die Jobbik-Delegation gab sich devot, Vona meinte, dass seine Partei "eine der wenigen in Europa" sei, die sich um "bestmögliche Beziehungen" zu Russland bemühe, daher begrüße er die "Gründung der Eurasischen Union als Gegenpol zum Euro-Atlantismus." Sein Vize Gyöngyösi ergänzte, dass "nicht Russland, sondern der Westen der aggressive Teil in der Ukraine" sei und das "Referendum auf der Krim beispielhaft" sei und "einen Hoffnungsschimmer für die Autonomie der Ungarn, aber auch der Ruthenen" im Westen des Landes biete. Die russische Seite betonte, so Jobbik in einem Statement, ihren Wunsch nach einer friedlichen Lösung und einer "föderalen Struktur" für die Ukraine.

 

Unter dem zunächst harmlos klingenden Stichwort "Föderalismus" verstehen sowohl die ungarischen Rechtsextremisten wie die russischen Nationalisten, die Teilung des Landes unter ethnischen Gesichtspunkten. Jobbik geriert sich dabei als Anwalt "aller Ungarn im Karpatenbecken" und riecht immer noch Morgenluft, um "Trianon revidieren" zu können, was man - laut Aussage des Parteichefs - notfalls "mit allen Mitteln" will. Russland begrüßt hingegen schlicht jede Initiatitive, die den Einfluss der Kiewer Zentralregierung schwächt und die eigene Strategie im Osten des Landes unterstützt. Ebenso wie der Westen bei seinem "Demokratieexport" geniert sich auch Russland bei der Um- und Durchsetzung seiner Interessen nicht für die Kooperation mit extremistischen Elementen sowohl aus eigener Zucht wie auch z.B. in Form von ausländischen "Wahlbeobachtern" von FPÖ bis Jobbik, die zudem noch als Schwächung der EU willkommen sind und - im Falle Jobbiks - auch von russischen Kreisen materiell unterstützt werden.

Bereits im Mai traf sich Vona mit dem ehemaligen Putin-Berater “Professor” Dugin, dem er bei einer Vorlesung an der Lomonossow-Uni lauschte und mit der sich über dessen esoterisch-völkischen Theorien zu Eurasien etc. unterhielt. Weitere halboffizielle Treffen finden regelmäßig auf verschiedenen Ebenen statt. “Spion” Kovács reist sogar monatlich zum Rapport in seine alte Wahlheimat, wie mittlerweile auch die ungarische Spionageabwehr weiß...

Premier Orbán können die informellen Vorstöße der Jobbiks im Rahmen seiner "Schaukelpolitik" nur recht sein, muss er seine eigene Nase so nicht in den Wind hängen, kann aber über den Umweg der Radaubrüder subtile Treuesignale in den Kreml senden, ohne dass er die ihn finanzierende EU vor den Kopf stößt oder mögliche Geschäftsanbahnungen mit ukrainischen Gasnetzwerken gefährdet.

red.

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