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(c) Pester Lloyd / 51 - 2014   WIRTSCHAFT   14.12.2014

 

Kapital-Bildung: Ungarische Nationalbank kaufte Immobilien im Burgviertel

Kurz vor Weihnachten ging die Ungarische Nationalbank nochmals auf Shopping-Tour. Diesmal gönnte man sich zwei altehrwürdige, wenn auch baufällige Palais im bald zum Regierungsviertel werdenden Burgviertel. Sie sollen der Bildung dienen und "liberale Irrlehren" austreiben, aber erst einmal werden sie vor allem der Bildung inoffizieller Gewinne dienen...

Für rund 10 Mio. EUR erwarb die Pallasz Athéné Stiftung (PADA), eine jener kürzlich gegründeten und mit insgesamt 600 Mio. EUR (!) Nationalbank-Geldern (also Volksvermögen) ausgestatteten Stiftungen, die durch ihre Aktivitäten "liberale Irrlehren" austreiben und die "unorthodoxe Wirtschaftspolitik" etablieren sollen, die Hatvany bzw. Lónyay Villa im Burgviertel. Nach Einschätzung eines ehemaligen Nationalbankvizes von den Liberalen, rund 3 Mio. EUR zu teuer als es der aktuelle Rufpreis hergab.

Entworfen wurde das Palais vom Stararchitekten der 60er bis 80er Jahre des 19. Jahrhunderts, Miklós Ybl, dem prägendsten Vertreter der ungarischen Gründerzeit, die sich mit ihrer monströs historisierenden Ornamentik plump aber prägend zwischen Budapests Klassizismus und Jugendstil quetscht. Bei der Villa hielt sich Ybl aber zurück und beließ es bei reiner Nachahmung.

Das ehemalige Adelspalais diente der deutschen SS während der Besatzungszeit als Casino, es ist generalsanierungsbedürftig, - ein wichtiger Aspekt beim Erwerb, immerhin will man bei der MNB durch die Immobiliendeals ja "bleibende Werte" schaffen. Es soll nun, nach den ursprünglichen Plänen Ybls wieder als Konferenz-, Seminar- und Ausstellungsgebäude errichtet werden. Allerdings wird an dem Gebäude bereits seit über einem Jahr kräftig gewerkt.

Für unter 5 Mio. EUR erwarb die Zentralbank zudem das alte Budaer Rathaus (Foto), ein Kleinod vom Ende des 17. Jahrhunderts von einem italienischen Baumeister. Dort soll - natürlich auch erst nach umfassenden Renovierungen - eine Stätte für Englischunterricht (scheint bei ung. Offiziellen dringend erforderlich), ein "internationales Trainingscenter" und eine "in Ungarn einmalige" Doktorandenschule eingerichtet werden, ab September 2016 sollen sie die Arbeit aufnehmen.

Die Nationalbank hatte kürzlich auch den
"Eiffel Palast" am Westbahnhof erworben, nachweislich zu einem völlig überhöhten Preis, natürlich mit öffentlichen Mitteln und zudem von einem Eigentümer, der seine Stukturen über Off-Shore-Konstrukte verbarg und daher laut Gesetz eigentlich tabu für Geschäfte mit öffentlichen Geldern ist.

Ebenso kaufte MNB-Gouverneur Matolcsy ein
Schlösschen auf dem Lande als Urlaubsstätte für sich und seine Manager von einem deutschen Geschäftsmann, auch hier gibt es Diskrepanzen zwischen Kauf- und Rufpreis. Auch eine Guaneri-Geige, ein Dutzend Gemälde alter Meister und andere Präziosen für etliche Millionen Euro fanden den Weg in die Schatzkammern der MNB.

Unabhängige Untersuchungen zu Sinn, Zweck, Ablauf und Hintergründen gibt es keine, obwohl die Aktivitäten außerhalb des Aufgebengebietes der Nationalbank liegen und derart große Summen einsetzen. Die MNB sieht alles im Rahmen der Wertanlage, wie sie "alle Nationalbanken der Welt" vornehmen würden.

 

Opposition, unabhängige Medien und Watch-Groups sind überzeugt, dass die mit 600 Mio. EUR bestückten, kürzlich gegründeten Stiftungen, von der die PADA nur eine von sechs ist, eine weitere dreiste Umverteilaktion von öffentlichen in private Hände darstellt, in Form von Direktorenposten und "Stipendien", Lehraufträgen, Studien und eben den Gewinnchancen, die die immobile "Hardware" bietet.

Interessanterweise nutzt der Fidesz-Parteisoldat Matolcsy, die von Verfassung und EU-Bestimmungen verlangte "Unabhängigkeit der Zentralbank" als Instrument und Argument, um sich jeglicher Kontrolle, auch des Parlamentes zu entziehen und verweigerte sogar jedwede Anhörung durch seine Mitglieder. Orbán lässt auch ihn gewähren...

 

red.

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