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(c) Pester Lloyd / 12 - 2015   POLITIK    16.03.2015

 

"Können ihm nicht helfen...": Krankenhaus in Ungarn lässt Obdachlosen vor dem Eingang sterben

Er lag auf dem Boden, vielleicht sechs Meter vom Eingang des Krankenhauses entfernt, sein Kopf blutete, er winselte um Hilfe. So beschreibt, laut der Zeitung Blikk, eine Patientin des Honvéd Militärkrankenhauses in Budapest die Szene, als sie am Sonntagvormittag das Spital betrat.

12obdachlosertot (Andere)Umgehend wandte sie sich an den Portier und den Sicherheitsdienst, doch die winkten nur ab. Sie wüssten schon davon, könnten aber nichts machen, der Mann sei ein Alkoholiker und sei entlassen worden, man könne ihm nicht helfen. Als die Frau gegen 14 Uhr das Krankenhaus verließ, sah sie den Mann immer noch vor dem Eingang liegen, tot, mit einem Müllsack bedeckt.

Foto: www.blikk.hu

Als diese Geschichte vom Boulevardblatt Blikk verbreitet wurde, wollte man quasi instinktiv - noch an einen dummen Zufall, einen Unglücksfall, ja eine aufgebauschte Boulveardgeschichte glauben. Doch je mehr Informationen und Zeugenaussagen zusammenkommen, umso klarer wird es. Das Krankenhaus ließ den Mann einfach krepieren.

Mittlerweile kam heraus, dass mehrere Personen Hilfe anforderten, was ignoriert wurde. Als Reporter die Leitung des Hospitals, das zwar öffentlich ist, aber über eine Sonderabteilung für Politpromis und gut betuchte Privatpatienten verfügt, zur Rede stellen wollten, hieß es "Kein Kommentar". Anschließend forderte man die Neugierigen auf, "das Militärgelände zu verlassen".

 

Mittlerweile hat sich die Klinik ihre eigene Version gebastelt, keine Rede mehr davon, dass der Mann mehrere Stunden vor dem Eingang gelegen habe. Das Verteidigungsministerium ließ erklären, dass der Mann behandelt und entlassen worden sei, "über sein Schicksal danach ist nichts bekannt." Die Klinik behauptet, Notärzte seien binnen 5 Minuten zu ihm beordert worden, "doch sie konnten ihm nicht mehr helfen". Die Diskrepanz zu den Zeugenaussagen wollte man nicht erklären, diese erklärten nämlich, dass Privatpersonen die Rettung per Telefon gerufen hätten, nach dem sich das Krankenhaus geweigert habe, zu helfen. Da lag der Mann aber schon längere Zeit vor der Tür.

Nun, man werde "intern untersuchen", schlossen Spital und Honvéd-Ministerium die Debatte ab. Die Polizei teilte mit, dass man den Fall "wie jeden Todesfall" untersuchen wird.

Der Fall, wie immer er im Detail auch wirklich ablief, hat Symbolcharakter für den Umgang mit Armen, sozial Benachteiligten, besonders aber Obdachlosen, die in Orbáns Ungarn verfassungsseitig zu Kriminellen gestempelt, quasi vogelfrei erklärt worden sind. Dass der Vorfall auch noch am Nationalfeiertag stattfand, quasi gleichzeitig mit der schwülstigen Rede Orbáns über Ungarns "neue Größe", ist nur eine weitere, traurige Pointe...

al.

 

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