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(c) Pester Lloyd / 17 - 2017    POLITIK     24.04.2017

Europa knöpft sich Ungarn vor: Orbáns Politik am Pranger

Brexit, Türkei, TTIP, Flüchtlinge. All die Themen, die in dieser Woche die EU-Institutionen beschäftigen werden, haben einen starken, oft destruktiven Ungarn-Bezug (siehe dazu die Links), doch diesmal steht das Orbán-Reich auch selbst wieder auf der Tagesordnung. Die zentrale Frage ist, ob am Ende mehr dabei herausspringt als der übliche Schlagabtausch konträrer Standpunkte. Von EVP-Rauswurf bis Rechtsstaatsverfahren scheint vieles möglich, vor allem aber notwendig, um die Antidemokraten in der EU in den Griff zu bekommen.

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Ungarn in allen Kommissionen, auf allen Gängen, in allen Sitzungen, an allen Tagen: Am heutigen Montag wird der Rektor, der durch ein Gesetz der Orbán-Regierung attackierten Central European University (CEU), Michael Ignatieff, vor EU-Parlamentariern sowie dem Kommissions-Vize Timmermans seinen Standpunkt darlegen, am Dienstag wird er dazu an einer Plenarsitzung teilnehmen. Am Mittwoch nimmt sich Dmitrisz Avramopulosz, Flüchtlingskommissar der EU Innenminister Pintér und Justizminister Trocsány zur Brust. Am Donnerstag will sich George Soros mit Kommissionspräsident Juncker, am Tag darauf mit der EU-Kommission treffen, um zu beraten, wie man die geplante Einschränkung der Tätigkeit u.a. von seinen Stiftungen unterstützer NGOs verhindern kann. Orbán ist geradezu besessen von der Idee, dass Soros nichts weniger als die Überflutung Ungarns und Europas mit "muslimischen Eindringen" sowie seinen Sturz im Sinne hat. Am Samstag schließlich wird der Vorstand der EVP-Fraktion zum Thema Ungarn tagen.

Am Mittwoch, 26. April, wird die Lage in Ungarn, konkret die Einschränkung der Hochschulfreiheit und die
Angriffe gegen die Zivilgesellschaft, also die Umsetzung der "illiberalen Demokratie", Thema in der Plenarsitzung des EU-Parlaments sein, Premier Orbán ist dazu eingeladen worden, seine Teilnahme steht aber noch nicht fest. Ungarn ist Tagesordnungspunkt 1 um 15.00 Uhr, wir werden hier einen Live-Stream mit Übersetzung anbieten.

Gleichzeitig werden immer mehr Stimmen innerhalb der konservativen EVP-Fraktion laut, die einen Ausschluss von Orbáns Fidesz aus der Fraktion der "Volksparteien", zumindest aber eine Sanktionierung fordern. Einigen Parteikollegen ist bereits ganz offen
der Kragen geplatzt. Im Internet wurde mittlerweile eine Petition aufgelegt, die den Ausschluss des Fidesz aus der EVP fordert, die Öffentlichkeit erhöht also ihren Druck auf die konservative Parteienfamilie, die Orbáns Aufstieg jahrelang nicht nur hinnahm, sondern aktiv förderte.

Anlässlich der verschärften Aktionen gegen Demokratie und Bürgergesellschaft in Ungarn, wird es immer wahrscheinlicher, dass die EU - nach langem Zögern - Schritte außerhalb formal-technischer Vertragsverletzungsverfahren ergreifen wird, schon um ein Signal zu setzen, auch in Richtung Polen und andere Ex-Ostblock-Staaten, in denen antieuropäische Populisten immer lauter werden.

1717junckerorbanDas
Portal Politico.eu hat in diesem Zusammenhang fünf Szenarien entworfen, wie die EU mit Ungarn umgehen könnte: 1. Der Rauswurf aus der EVP-Fraktion, 2. Verfahren und Klage wegen Weigerung zur Flüchtlingsquote (würde auch Polen, Slowakei und Tschechien betreffen), 3. Eröffnung eines Rechtsstaatsverfahrens wegen Verstößen gegen die Artikel 1 und 2 der Lissabon-Verträge, 4. Stopp oder Reduzierung der EU-Gelder auf Grundlage von Verstößen im Umgang damit, 5. Entsendung unabhängiger Prüfer zur Einhaltung der EU-Verträge, ein neues, der Kommission bzw. dem Rat der Regierungschefs zur Verfügung stehendes Instrument, das bis dato noch nicht benutzt wurde, könnte in Konsequenz zu 3. führen.

Man könnte natürlich auch noch eine sechste Möglichkeit in Betracht ziehen: Ein Verfahren nach
Artikel 7 wegen anhaltender, schwerwiegender Verstöße gegen die Grundlagen der EU-Verträge, speziell gegen Artikel 2. Stimmrechtsentzug und Ausschluss aus der Gemeinschaft wären hier die Konsequenzen. Die Forderung nach einem solchen Verfahren tauchen immer wieder auf, zuletzt in einer parlamentarischen Resolution 2015.

In diesem Beitrag haben wir einmal ausführlicher dargestellt, warum dieses Verfahren aus mehreren Gründen problematisch erscheint: Europas Hammer - Warum Artikel 7 noch keine Option für den "Fall Ungarn" ist. Unsere Einschätzung hat sich seit 2012 dahingehend geändert, dass Artikel 7 im Eigeninteresse Europas notwendig ist, auch wenn das mit weiteren Entbehrungen für die ungarische Bevölkerung einhergeht.

Als wichtiges Beweismittel für die Europafeindlichkeit sollte - neben den schon epischen Maßnahmen zum Abbau von Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechten sowie der systemischen Korruption - aktuell auch die
amtliche Gewalt gegen Flüchtlinge als massiver Verstoß gegen die allgemeinen Menschenrechte sowie die Propagandaschlacht "Stoppt Brüssel!" herangezogen werden, - die EU muss sich dafür, dass sie Ungarns Wirtschaft seit Jahrzehnten mit jährlich Abermilliarden Euro aus europäischen Steuermitteln am Leben hält, nicht noch beschimpfen und diffamieren lassen. Orbán hat mehr als einmal klar gemacht, dass er ein Feind der Idee einer Europäischen Gemeinschaft ist.

 

Derweil gibt es Anzeichen, dass Orbán mit der Umsetzung der Lex CEU zögern lässt. Der Widerstand im In- und Ausland und sogar in den eigenen, sonst fest geschlossenen (bzw. reichlich geschmierten) Reihen war doch deutlich größer als kalkuliert, es wurde eine Menge Porzellan zerschlagen und das primäre Ziel, sich bei Trump einzuschleimen, wurde deutlich verfehlt, sowohl die US-Botschaft, als auch das State Departement ließen ausrichten, dass man über die Freiheit der Bildung und Forschung nicht zu verhandeln gedenke.

Das wird auch an einem aktuellen Brief ersichtlich, in dem US-Senatoren, sowohl Demokraten wie Republikaner, sich besorgt über "die Gefährdung der akademischen Freiheit in Ungarn" äußern und Orbán dringend auffordern, mit der CEU in einen Dialog einzutreten, der den Fortbestand der Uni garantiert. "Anstatt Institutionen zu schließen, sollten wir die bilateralen Beziehungen ausbauen...", heißt es in de Brief, der außerdem darlegt, dass es offensichtlich ist, dass das Gesetz allein gegen die CEU maßgeschneidert wurde, denn es beinhalte Ausnahmen, die "auf alle anderen der 27 ausländischen Unis in Ungarn zuträfen und somit nur die CEU treffen soll.".

red.


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