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(c) Pester Lloyd / 46 - 2012   NACHRICHTEN 12.11.2012

 

Heißer Tanz ums Dorf

Ratingagentur warnt Ungarn: Rabatt auf Kommunalschulden wäre "partieller Staatsbankrott"

Die von der Regierung angekündigte Übernahme von ca. 50% der Bankschulden der ungarischen Kommunen schlägt internationale Wellen. Orbán will - freiwillig oder mit Zwang - rund 350 Mio. EUR Rabatt auf die Schulden, was einem Schuldennachlass von rund 25% gleichkäme. Die sich ohnehin schon geschröpft fühlenden Banken und ihre Ratingagenturen gehen auf die Barrikaden.

Die Banken sollen im Rahmen der Schuldenübernahme auf rund 100 Milliarden Forint, bzw. 350 Mio. EUR, verzichten, wenn sich die Planung des Orbán-Kabinettes durchsetzen lässt, schreibt die links-liberale Népszabadság mit Bezug auf nicht genannte, hohe Regierungsquellen. Danach will der Staat die betreffenden Anleihen und Kredite nur zu 75-80% des Nennwertes übernehmen. Zunächst soll dies nach den Worten des Regierungschefs durch Verhandlungen mit den beteiligten Banken geschehen, aber auch eine Gesetzesinititiave steht, bei Unwilligkeit der Verhandlungspartner, schon im Raum.

Parteivize Kósa forderte bereits "Nachverhandlungen" und "deutliche Abschläge" notfalls aber auch eine "gesetzliche Regelung". Diese Einstellung zu den Schulden ist nichts Neues, schon im Februar legte sich Orbáns Kabinettschef, damals Fraktionsführer und Bürgermeister von Hódmezővásárhely mit der dortigen Erste Bank an und verlangte ebenfalls einen deutlichen Abschlag. Daraufhin stellte die Bank alle Forderungen fällig, worauf Lázár mit der "Legislative" drohte.

Die Banken "leiden" bereits unter enormen Belastungen bei der im letzten Steuerpaket verlängerten Krisensondersteuer, Ausfällen durch gesetzlich geförderte Umtauschmodelle für Forex-Kredite sowie die neue Transaktionssteuer, die sie nur teilweise an die Kundschaft weitergeben. Der Ertrag ungarischer Banken ist der niedrigste in Osteuropa, lediglich die einheimische OTP erfreut sich guter Gewinne. Auch wenn die Schuld daran, zu großen Teilen in der leichtsinnigen Kreditvergabepraxis (Forex) zu finden ist, stellt sich die Abschöpfung der Banken für die Verringerung des Haushaltsdefizits zunehmend als kontraproduktiv heraus, zumal sich die Schuldenlage der Haushalte nicht strukturell verbessert.

Eine weitreichende Kreditklemme samt Kapitalabbau durch die Mutterhäuser ist die Folge, was sich wiederum unmittelbar auf Investitionstätigkeit und den Zustand der KMU auswirkt. In den letzten zwölf Monaten sollen die Töcher ausländischer Banken bereits rund 12 Mrd. EUR aus dem ungarischen Kreditgeschäft abgezogen haben, damit rund den 6fachen Betrag wie aus dem sonstigen Osteuropa.

Premier Orbán hatte die Entschuldung der Kommunen (100% aller Gemeinden unter 5000 Einwohner, ca. 40-50% für die darüber, in Summe ca. 2,1 Mrd. EUR) als Befreiungsschlag angekündigt, sich damit allerdings auch den Zugriff auf Budgets, Tätigkeit und Personal fast aller kommunalen Einrichtungen (Versorger, Schulen etc.) gesichert, weshalb die Aktion in erster Linie einer weiteren Sicherung der vertikalen Machtstrukturen dient, wie er es zuvor schon mit den Komiataten tat. Die Finanzierung der Aktion und der daraus entstehenden Verbindlichkeiten sind im Haushalt 2013 noch nicht vollständig berücksichtigt, was auch die EU-Kommission und deren Defizitwächter interessieren sollte.

 

Der Wunsch nach einem "Rabatt" bei den Kommunalschulden" schlägt aber auch weitere internationale Wellen, immerhin sind die Gläubiger der Kommunen in der Mehrheit auch international agierende Bankhäuser. Eine führende Ratingagentur hat die Regierung bereits gewarnt: Sollten die kommunalen Schulden nicht vollständig bedient werden, würde dies als "partieller Staatsbankrott" eingestuft, was zu entsprechenden Herabstufungen und damit Verteuerungen am Anleihemarkt und Verwerfungen beim Forintkurs führen müsste.

Weitere Links zum Thema:

Gesamtschulden der Kommunen in Ungarn steigen auf 5% des BIP

Provinzfürsten an der Leine: Ungarische Regierung kauft Komitate auf

Der arme Lázárus: Eine Kommune in Ungarn als "Geisel" der Banken

red.

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