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(c) Pester Lloyd / 06 - 2014   POLITIK 06.02.2014

 

Paks II durchgewunken

AKW-Ausbau in Ungarn ist nun Gesetz, Opposition geht vor Gericht, EU prüft

Am Donnerstag wurde der "Orbán-Putin-Pakt" zum Ausbau des AKW in Paks durch das Parlament gewunken. Eine echte Debatte hat es nicht gegeben, auch die politischen und zivilen Proteste haben nichts gebracht. Die Opposition geht nun gerichtlich gegen den Mega-Deal vor und will u.a. die Schuldenaufnahme als Verfassungsverstoß ahnden lassen. Die EU prüft auf "illegale Staatsbeihilfe" und Verstoß gegen Ausschreibungsregeln.

Last Woman standing. Die Herren schauen genervt bis irritiert. In der Mitte LMP-Abgeordnete Bernadett Szél mit einer wirklich lauten Sirene. Auf den Transparenten: Ungarn: verraten und verkauft, Wir werden keine russische Atomkolonie... Die Sitzung musste unterbrochen werden.

Der Beschluss über Paks II wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktion und der neonazistischen Jobbik gegen die Stimmen von MSZP, PM und LMP, bei Absenz der DK, gefasst. Die Abstimmung musste wegen mehrere Proteskationen im Plenarsal mehrfach verschoben werden, LMP-Abgeordnete verliehen u.a. mit einer einstündig jaulenden Sirene (Kövér: das wird Konsequenzen haben, gegen diese "Idioten" wird er die Höchststrafe verhängen etc.) und Flugblättern ihrem Protest über den AKW-Ausbau und den "Verkauf des Landes" Ausdruck. Einige wurden des Saales verwiesen, protestierten dann jedoch von der Besuchertribüne weiter.

LMP, Greenpeace, aber auch andere Umwelt- und Bürgerrechtsgruppen wollen das Projekt Paks II nun gerichtlich anfechten. Einmal deswegen, weil die Regierung ihrer gesetzlichen Informationspflicht an das sie (theoretisch) kontrollierende Parlament durch Verweigerung der Offenlegung aller Teile des bilatateralen Abkommens mit Russland sowie Rosatom nicht nachkommt. Das Verfassungsgericht soll außerdem angerufen werden, weil die angepeilten Kosten zu einer Verschuldung des öffentlichen Haushaltes führen werden, die mit der von der Fidesz selbst gesteckten Schuldenbremse kollidiert. Die Regierung hat jedoch schon klar gemacht, dass weder der russische Kredit von ca. 8 Mrd. EUR, noch der ungarische Eigenfinanzierungsanteil von 2-3 Mrd. EUR im Haushalt aufscheinen sollen, - was wiederum die EU-Haushaltswächter auf den Plan rufen wird und auch auf den Finanzmärkten (HUF-Kurs, Anleihezinsen) zur Kenntnis genommen werden wird.

 

Die EU hat hinsichtlich des Atomdeals zwischen Ungarn und Russland mehrere Zweifel an der Übereinstimmung mit Gemeinschaftsrecht. Die EU-Kommission wird zunächst zwei grundsätzlichen Fragestellungen nachgehen, sagte Kommissionssprecherin Chantal Hughes gestern dem Magazin HVG. Zum Einen könne die Regierungsankündigung, die Kosten des Projektes nicht in den Strompreis einfließen lassen zu wollen, als illegale Staatsbeihilfe gewertet werden, zum anderen sei zu prüfen, inwieweit die Auftragsvergaben zu dem 3.000 Milliarden Forint (ca. 10 Mrd. EUR) teuren Projektes mit den EU-Regeln für europaweite, öffentliche Ausschreibungen harmonieren - oder eben nicht.

Sollten sich Vertragsverletzungen feststellen lassen, werde man nach den üblichen Verfahren dagegen vorgehen, wobei auch für Ungarn die Regeln angewendet werden, die für alle gelten, hieß es aus der Kommission, um damit den üblichen Vorwürfen von "Doppelstandards" oder gar "gezielten Attacken der Brüsseler Bürokraten auf ungarische Familien" (Orbán bei seiner Parlamentsrede am Montag), vorzugreifen.

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red

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