THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854

 

Hauptmenü

 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.

 

(c) Pester Lloyd / 06 - 2014   WIRTSCHAFT 06.02.2014

 

Cash Flow von der Cash Cow

Wie Orbán und Putin mit der Atomkraft die Renten in Ungarn retteten - Glosse

Wo sind die Milliarden hin, wo sind sie geblieben? - Die Information über das Verdampfen der 2011 verstaatlichten Rentenbeiträge in Höhe von umgerechnet über 10 Milliarden Euro ist zwar nicht neu, die Details beeindrucken aber immer wieder. War das 2010 wirklich Orbáns Masterplan? Vier Jahre aus der Sparbüchse leben und sich in die nächste Wahl retten? - Alles nur linke Propaganda, denn unsere weise Führung rechnet nicht in Jahren, sondern in Dekaden. Und sie rechnet nicht allein...

Die staatliche Schuldenverwaltungsbehörde ÁKK teilte jetzt, von MTI ganz zu Unrecht sehr zurückhaltend publiziert mit, dass von den 2.945,3 Milliarden Forint 2011 (damals ziemlich genau 10 Mrd. EUR, bzw. 10% des BIP, heute noch etwa 9,5 Mrd. EUR) per Ende November 2013 noch ganze 16,3 Milliarden Forint, also ca. 50 Mio. EUR übrig sind.

Das wäre an sich nicht so tragisch, immerhin hat man mit dem vielen Geld ja vor allem Staatsschulden bezahlt, einen kleinen Teil auch in die Rentenkasse geparkt, eine noch kleinere Rendite an die zwangsverstaatlichten Versicherungsnehmer überwiesen und bei der Auflösung der durch die gierigen Banker so furchtbar schlecht gemanagten Fonds auf dem Weg in den Steuertopf das eine oder andere Milliönchen "verloren". (hier
mehr zu den Schlachtverlusten)

Haarig wird es allerdings, wenn man sich darüber wundern getraut, dass mit dem vielen Geld zwar Schulden bezahlt wurden, der Schuldenstand des Staates aber nicht kleiner geworden ist, immer noch
um die 80% des aktuellen BIP steht, das aber mittlerweile höher als jenes vor vier Jahren ist, die absoluten Schulden also sogar gestiegen sind.

Was nun? War das der ökonomische Masterplan der Regierung Orbán? Jedes Jahr die anfallenden Defizitüberziehungen aus dem Rententopf bezahlen, damit man die 3%-Hürde untertaucht und sich irgendwie bis zur nächsten Wahl wie auf eine Instel retten kann? Danach soll es dann das atemberaubende "Wachstum" alleine richten?

Die ÁKK-Zahlen legen genau das nahe, denn von 2.945 Mrd. schmolz man bis Ende 2011 zunächst auf 684 Mrd. ab, sodann auf 316 Mrd. bis Ende 2012. Ende Oktober 2013 waren dann noch 132,6 Mrd. im Topf, nun wurde daraus das Töpfchen mit 16 einsamen Milliarden.

Die gute Nachricht: das Geld ist zwar weg, aber die Ansprüche der Versicherten bestehen weiterhin? Geht nicht? Geht doch! Man schreibt, “irgendwann in diesem Jahr” (Varga 2013), die Ansprüche auf individuelle Pensionskonten und bezahlt sie, wenn sie fällig werden, wenn überhaupt, dann aus Steuergeldern (hier mehr schmutzige Details zur "Verblümten" Rente), die, wie wir aus sicherer Quelle wissen, Dank der weitblickenden Wirtschaftspolitik von Staat und Partei demnächst sprudeln werden wie das Heilwasser im Széchenyi Bad und allen Thermen im Karpathenbecken zusammen.

Sprudeln müssen sie auch, denn nicht nur die Schulden und die Renten sind dann nicht mehr aus Reserven, sondern dem aktuellen Cash flow der universellen Cash cow zu begleichen, sondern auch die steigenden Lasten aus dem fallenden Forint, die Steuerausfälle aus verbotenen Energiepriovider-Gewinnen und den sinkenden Energierechnungen sowie zurückgehenden Tabakumsätzen, die Investitionen in die von den gierigen und daher ausgesperrten Multis totgesparten, demnächst wohl staatlichen Non-Profit-Energieversorgern nebst dem "Reibungsverlust" durch das dann staatliche Management usw. Vor allem aber müssen in den kommenden zwanzig Jahren mindestens 10 Milliarden Euro für Orbáns Freiheitsstatue, die strahlenden
Twin Towers von Paks her, ohne die - wie wir alle wissen - übermorgen das Licht in der ganzen Region ausgehen müsste.

Fasst man diese Milchmädchenrechnung zusammen, könnte man polemisch behaupten, die Regierung hätte die Rentenbeiträge der Bürger verjubelt, ohne einen strukturellen Schuldenabbau vorgenommen zu haben. Das wäre aber kriminell, so etwas tut unsere Regierung nicht, kriminell sind in unserem Land nur die Linken.

Covercollage des Magazins Figyelö

Die Orbán-Regierung investierte die - Dank des selbstlosen Einsatzes der Bürger frei gewordenen - Geldmittel in ein nachhaltiges und nationalstrategisch bedeutsames Profitcenter nach dem anderen: FIFA-fähige Fußballstadien in jedem Ort ab 1.700 Einwohner (Karteneinnahmen, Sponsorenverträge, Kantinen und die Politiker sind einmal von der Straße weg!), eine Schmalspureisenbahn vom Haus des Premiers in Felcsút zum Dorfgasthaus (spart den Fahrdienst!) ein Skigebiet in den Budapester Alpen (Nimm das, Österreich!), wegen des Gemüts in nationale Kulturschätze (Tokaj)- und vor allem: in billigen Strom, Dank des großen Bruders in Moskau. Da fast alle Nachbarländer Ungarns Nettostromexporteure sind, kann das nur heißen: die Wirtschaft in Ungarn wird sich binnen weniger Jahre verdoppeln!

Sollte sich das alles doch nicht ausgehen, wird die Regierung wohl ungerchterweise abgewählt, 2022 oder so. Die MSZP käme kurz an die Macht, könnte aber die Renten nicht mehr bezahlen, woraufhin Parlamentspräsident Kövér milde lächelnd sagen wird: Siehste, hab ich Euch´s nicht gesagt: Die Sozis nehmen Euch die Renten weg! Wer rettet dann - wieder - das "hoffnungslose" Land? Dreimal dürfen Sie raten.

Ist Ihnen nichts aufgefallen? Das AKW2 in Paks kostet genauso viel wie die Rentenbeiträge ausmachten: ergo schenkt der Kreml das nigelnagelneue AKW "dem ungarischem Volke", die Regierung ist quitt (mit sich selbst im Reinen ist sie immer) und die "ungarischen Menschen" sehen (schon wieder) einer strahlenden Zukunft entgegen: als autonome Republik Orbánistan der Russischen Föderation, die auf diese Weise automatisch EU-Mitglied wird.

w.z.b.w.

Der Pester Lloyd bittet Sie um Unterstützung.