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(c) Pester Lloyd / 15 - 2011  WIRTSCHAFT 15.04.2011

 

Schöne neue Arbeitswelt

Einige Details zum ungarischen Reformprogramm

Wirtschaftsminister Matolcsy will nicht mehr als drei, statt bisher neun Monate Arbeitslosengeld zulassen, schwindelnde Invalidenrentner in Arbeit bringen und die Frührente weitgehend abschaffen. Der Mann ist im Stress, denn er soll in zehn Jahren 1 Million neue Arbeitsplätze schaffen. Weitere Infos zu Einsparungen bei Medikamenten und bei der Staatsbahn.

Der ungarische Minister für Nationalwirtschaft, György Matolcsy hat am Mittwoch einige weitere Details im Zusammenhang mit dem Kálmán Széll-Reformplan zur Gesundung von Wirtschaft und Haushalt bekanntgegeben. Neben einer Ankurbelung vor allem der mittelständischen Wirtschaft (gesondert geregelt im neuen Széchenyi-Plan) will man durch verschiedene Reformen vor allem das strukturelle Defizit des ungarischen Staatshaushaltes abbauen und langfristig beseitigen. Kritiker nennen die makroökonomischen Zielvorstellungen der ungarischen Regierung zumindest sehr gewagt und bemängelten, dass viele Pläne zu unkonkret dargestellt werden. Diese Vorwürfe bleiben auch nach den gestrigen Ankündigungen intakt, Experten haben bereits berechnet, dass ohne eine Fortführung der Sondersteuern und zusätzliche Einmaleffekte  über 2012 die nachfolgenden Haushalte nicht selbstragend wären - den jetzigen Wissensstand über die Pläne der Regierung angelegend...

Einige konkretere Hausnummern teilte Matolcsy nach der gestrigen Kabinettssitzung immerhin mit. So rechnet man erst ab dem nächsten, nicht, wie zunächst gemeldet ab diesem Jahr mit Entlastungen bei den Medikamentenkosten. 2013 dann sollen die staatlichen Zuschüsse für Medikamente gegenüber dem heutigen Niveau um mehr als ein Drittel abgesenkt werden, 120 Mrd. Forint weniger will man dann dafür ausgeben, bisher sind es über 340 Mrd. Forint. Weitere Maßnahmen gegenüber der Pharmabranche sollen zusätzlich rund 26 Mrd. Forint Ersparnisse bringen. Dazu hier unser ausführlicher Beitrag.

Auf dem Arbeitsmarkt wird es massive Einschnitte geben, so wird das Arbeitslosengeld künftig nur noch für drei, statt wie bisher für bis zu 9 Monate gezahlt. Im ersten Monat beträgt es 90% des letzten Gehalts, im zweiten 80, im dritten nur noch 70%. "Von da an ist keine weitere Unterstützung vom Staat zu erwarten." erklärte Matolcsy. Jeder habe die Möglichkeit "in den Arbeitsmarkt oder in ein öffentliches Arbeitsprogramm" zurückzukehren. Was mit denen geschieht, denen das nicht gelingt, wofür es ja trotz guten Willens, verschiedene Gründe geben kann, sagte er nicht.

Der Minister ist fest davon überzeugt, dass bis Ende 2014 300.000 neue versicherungspflichte Arbeitsverhältnisse geschaffen werden, rund 100.000 Menschen sollen wieder in Arbeit kommen, die bisher zu Unrecht eine Invalidenrente kassieren. Die Genehmigungen dafür werden in Kürze von einer staatlichen Kommission überprüft, man rechnet mit einer hohen Zahl an Missbrauchsfällen. Tatsächlich hat Ungarn die höchste Invalidenrentnerrate in der EU, bisher genügte ein entsprechendes ärztliches Attest, das nicht allzu schwer zu besorgen war. Weitere bis zu 150.000 neue Jobs sollen durch öffentliche Arbeitsmaßnahmen geschaffen werden, der Rest durch "die Umwandlung bisheriger Schwarzarbeitsverhältnisse", so der Minister zuversichtlich. Außerdem sagte Matolcsy, dass "in unserer neuen Welt, Frührente keine Option" mehr sein wird.

Allerdings hält sich die ungarische Wirtschaft bisher nicht an die Regierungsvorgaben, die Arbeitslosen- und die Beschäftigungsrate sind seit gut einem Jahr fast unverändert. Vor allem für letztere liegen die Gründe viel tiefer als bei faulen Langzeitarbeitslosen. Ende 2011 müssten es aber nach dem zigmale wiederholten Plan bis 2020 1 Mio. neue Jobs zu schaffen, bereits 100.000 neue geben. Ein Eingeständnis, dass - vielleicht sogar ohne eigene Schuld - die Erholung nicht ganz so schnell ablaufen könnte, ist vom Fidesz bisher nicht gekommen.

 

Hinsichtlich der schwerverschuldeten Staatsbahn bestätigte Matolcsy die Übernahme von rund 300 Milliarden Forint Schulden durch den Haushalt, die aber an eine "Generalüberholung" des Staatsbetriebes gekoppelt werde, damit sich die Staatszuschüsse in den kommenden Jahren deutlich reduzieren könnten, 2012 sind dafür nur 45 Mrd., 2013 und 2014 jeweils 60 Mrd. Forint eingeplant. Die größten Einsparungen könnte man allein schon durch den Wegfall von Zinsen machen, so Matolcsy. Ähnliches dürfte auch für die Budapester Nahverkehrsbetriebe BKV gelten, wobei immernoch die Schaffung einer Schulden-Holding für den öffentlichen Verkehr im Raum steht, um die Defizite möglichst aus dem HAushalt herauszuhalten.

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