(c) Pester Lloyd / 04 - 2012 WIRTSCHAFT 23.01.2012
Aktuelle Wirtschaftsnachrichten aus Ungarn
- IWF-Deal nicht vor Ende März, Treffen Orbán-Barroso am Dienstag
- Kreditausfall-Versicherunen werden billiger, Forint stabilisert - Lohnsteigerungen verlangsamt, 45% beziehen Flat-Tax-Kompensation - Getreideernte wuchs 2011 um 12 %
- Frisches Venture-Capital aus EU-Mitteln - Airport Budapest rechnet mit Zuwachs - Geschäftsklima fast auf Rekordtief - Weniger Büroleerstand in Budapest
- Ikea steigerte Umsatz um fast 5% - Neues Thermalbad in Makó - 600 Mio. für Weinmarketing - Mobilfunklizenzen für alle, Staat mischt mit
Das neue Thermalbad in Makó im Südosten Ungarns. Zur Meldung.
Dienstag Treffen Orbán-Barroso
Beim Treffen von Ministerpräsident Orbán mit EU-Kommissionspräsident Barroso am
Dienstag soll die Liste der Änderungen feststehen, die notwendig für weitere offizielle Verhandlungen mit dem IWF über ein "Sicherheitsnetz" von 17 bis 20 Mrd. sind. Der IWF
hatte unmissverständlich erklärt, das "O.K. aus Brüssel" abwarten zu wollen. Die Liste der Bedenken ist dabei deutlich länger als von Orbán behauptet, der nur "einen einzigen
kleinen Streitpunkt" erkennen wollte, umfasst jedoch kaum grundlegende rechtsstaatliche Bedenken, sondern nur jene Abschnitte, die direkt mit EU-Recht kollidieren. Die Kommission durchforstet die ungarischen Gesetze jedoch noch weiter. Orbáns wichtigster Berater, Mihály Varga, hält es für unwahrscheinlich, dass "sogar die flat tax" in Frage gestellt werden könnte, die EU stößt sich jedoch an der Festschreibung des Steuersatzes
in einem durch Verfassungsmehrheit abgesicherten Kardinalsgesetz. Allgemein wird mit einem Abschluss der IWF-Verhandlungen nicht vor Ende März, Anfang April gerechnet.
Kreditausfall-Versicherunen werden billiger, Forint stabilisert
Die Kreditausfall-Versicherungskosten, CDS, für ungarische Staatspapiere erreichten am
Freitag mit 7,5% im Primärhandel ihren niedrigsten Stand, noch vor einer Woche notierten diese Wete jenseits von 9. Investoren haben Hoffnung, dass Ungarn doch bald
finanzielle Hilfe vom IWF und der EU erhalten werde. Auch der Forint pendelte sich bei 304-306 Forint ein, nachdem er zwischenzeitlich die 320er Marke überboten hatte. Die
Regierung geht, laut Haushaltsgesetz, von einem Durchschnittskurs von 299 HUF/EUR 2012 aus.
Lohnsteigerungen verlangsamt, 45% beziehen Flat-Tax-Kompensation
Die Bruttlöhne in Ungarn stiegen im November um 6.0 % zum Vorjahr, (zuvor 6.1%). Der
Anstieg ist im Kontext des niedrigen Vorjahresniveaus zu bewerten, da im November 2010 die Löhne im Vorjahresvergleich um 1.2% gesunken waren. Im Wirtschaftssektor
stiegen die Löhne zum Vorjahr um 5.5 % und zum Vormat Oktober (4.7%) um 0.8 %. Zieht man die Beschäftigten in öffentlichen Arbeitsprogrammen ab, zeigt sich für den
öffentlichen Sektor eine Bruttolohnentwicklung von 2.3 % zum Vorjahresnovember, im Oktober waren es noch 3.1 %.
Das Nettoeinkommen stieg im Vorjahresvergleich um 7.9 % (Oktober: 6.6%). Im
Wirtschaftssektor stiegen die Nettolöhne um 9.1 % (Oktober: 6.6 %) auf durchschnittlich 153.136 Forint (ca. 500 Euro) pro Monat. Das Nettoeinkommen im öffentlichen Sektor,
die öffentlichen Arbeitsprogramme mit eingenommen, stiegen im November um 4.3 % (Oktober: 5.9 %) zum Vorjahr, das durchschnittliche Monatseinkommen liegt damit bei
140.183 Forint (ca. 460 Euro). Die Inflationsrate lag bei rund 4,5%, bei Grundnahrungsmitteln betrug sie über 10%.
Wie die KSH mitteilte, erhielten ca. 45 % der Angestellten im öffentlichen Sektor
Zusatzzahlungen in Höhe von durchschnittlich 5200 Forint (ca. 17 Euro) pro Monat, als Kompensation für die Auswirkungen der Einkommenssteuer, welche ihre Nettoeinkommen reduzierte.
Getreideernte wuchs 2011 um 12 %
Die ungarische Getreideernte wuchs 2011 um 12.2 % zum Vorjahr auf 13.8 Millionen
Tonnen und stieg damit auch im Vergleich zu der Durchschnittsernten des Zeitraums 2006-2010 um 2.9 %, wie das Statistikamt KSH am Freitag mitteilte. Die Weizenernte
wuchs 2011 um 10.3 % zum Vorjahr auf 4.1 Millionen Tonnen, während die Maisernte um 15.8% auf 8.1 Millionen Tonnen stieg. Der Durchschnittserntebetrag pro Hektar nahm bei
Weizen um 13.5 % stark zu, während er bei Mais nur leicht um 1.9 % stieg. Die Sonnenblumenkernernte sprang um 41.0 % zum Vorjahr auf 1.4 Millionen Tonnen und
stieg damit auch im Verlgeich zu der Durchschnittsernte des Zeitraums 2006-2010 um 15.2 %. Der Durchscnittserntebetrag pro Hektar nahm bei Sonnenblumenkernen um 23.3 % zum Vorjahr zu.
Die Zuckerrübenernte nahm 2011 um 5.9 % zum Vorjahr auf 771.000Tonnen ab und lag
damit fast 40% unter dem Durchschnittserntebetrag des Zeitraums 2006-2010, was auf das Aussetzen der EU-Subventionen in diesem Bereich zurückzuführen ist und viele
Landwirte zum Umstieg auf andere Getreidearten zwang. Die Rapsernte betrug 2011 525.000 Tonnen und blieb damit im Vergleich zum Vorjahr gleich. Die Kartoffelernte stieg
um 15.6 % auf 564.000 Tonnen.
Der Ernteanstieg war wesentlicher Faktor für die Erreichung der BIP-Ziele.
Weizen um 140% teurer als vor einem Jahr
Frisches Venture-Capital für Ungarn aus EU-Mitteln
Start up-Unternehmen in Ungarn bekommen Zugang zu weiteren 28,5 Mrd. Forint (knapp
94 Mio. EUR) Venture-Kapital aus dem "Jeremie"-Programm der Europäischen Union. Die Gelder werden über eine Ausschreibung an private Venture-Kapital-Fonds verteilt, die zur
Bewerbung ihre konkreten Investitionskandidaten präsentieren müssen. Man schätzt, dass ungefähr zehn Fonds zum Zuge kommen könnten. In den letzten eineinhalb Jahren
gelangten so bisher 18 Mrd. Forint an rund 60 junge Unternehmen, um ihnen die Startphase zu erleichtern.
Airport Budapest hat hochfliegende Pläne
Der Budapester Flughafen "Franz Liszt" erhofft sich in diesem Jahr einen Passagierzuwachs
von 5%, 2011 legten die Zahlen um 9% gegenüber 2010 zu. Das sagte Vorstandschef Jost Lammers in einer Aussendung am Montag. Freilich hängt die Geschäftsentwicklungen des
Airports ganz wesentlich vom Schicksal der von der Pleite bedrohten Airline Malév ab, Lammers sieht die Fluglinie jedoch "in guten Händen", da der Staat erkannt habe, wie
wichtig die Fluglinie sei. Malév sorgt für knapp 50% der Umsätze am Flughafen. Der Manager konnte berichten, dass 95% der im Zusammenhang mit der Privatisierung
getroffenen Investitionszusagen von 261 Mio. Euro umgesetzt seien (seit 2007 in Besitz der Hochtief Airport), allein in diesem Jahr würden 70 Mio. EUR investiert, u.a. in ein
neues Hauptquartier für die Malév, ein Airporthotel sowie eine weitere Cargo-Einheit. Chinesische Investoren seien bereits wegen einer Eisenbahnverbindung vorstellig geworden.
Geschäfts- und Konsumentenklima bleiben mies
Der GKI-Geschäftsklimaindex für Ungarn verschlechterte sich binnen eines Monats von
-24,6 auf -26,8 Punkte und ist nicht mehr fern von seinem Allzeittief von -27,6 Punkten im November 2009. Lediglich exportorientierte Industrien kündigen Neueinstellungen an,
alle anderen Sektoren wollen - in Summe - Stellen abbauen. Auch das "Konsumentvertrauen" bleibt am Boden und erreicht -56,6 gegenüber 56,9 im Dezember.
Weniger Büroleerstand in Budapest
Die Leerstandsquote im Bereich Büroflächen in Budapest ist zum ersten Mal seit zwei
Jahren unter 20 % gesunken, während sie in 2010 noch über 28% betrug. Von den am Jahresende 2011 (offiziell) insgesamt existierenden 3,16 Mio. Quadratmetern Büroraum
entstanden, verteilt über das ganze Jahr, nur etwa 87.000qm neu, rund 49% weniger als im Jahre 2010.
Ikea steigert Umsatz in Ungarn um fast 5%
Der schwedische Möbelfilialist IKEA konnte im Geschäftsjahr 2011, das am 31. August
endete, seinen Umsatz in Ungarn im Vergleich zum dem letzten um 4,8%, auf 33,77 Mrd. HUF beziehungsweise rund 110,6 Mio. EUR steigern. Dementsprechend wuchs in diesem
Zeitraum auch die Zahl der Besucher um 4,2% auf 2,7 Mio.
Makó eröffnet neues Thermalbad, letztes Werk von Makovecz
In der südostungarischen Kleinstadt Makó wurde am Freitag eines neues Thermalbad
eröffnet. Die Kosten des Baues beliefen sich dabei auf rund 4 Mrd. HUF also etwa 13,1 Mio. EUR, wobei die Kommune durch den Regionalen Entwicklungsplan mit einer Summe
von 1,5 Mrd. HUF beziehungsweise 4,9 Mio. EUR bezuschusst wurde, Gelder, die wiederum überwiegend aus EU-Mitteln stammen. Das Bad entwarf der mit dem
Kossuth-Preis ausgezeichnete Architekt Imre Makovecz, der im Vorjahr verstorben ist. Es soll jährlich 600.000 bis 700.00 Besucher anlocken.
Sämtliche Mobilfunkprovider erhalten Anteil an neuen Frequenzen – Staat mischt mit
Alle drei ungarischen Mobilfunkprovider - Magyar Telekom, Telenor und Vodafone -
werden einen Anteil an den ausgeschriebenen Bandbreiten im 900 MHz-Netz bekommen. Der Tender brachte über 100 Mio. EUR Einnahmen. Außerdem hat die nationale
Medienbehörde NMHH, der auch die Mobilfunklizenzvergabe obliegt, beschlossen, dass ein Konsurtium aus den Staatsunternehmen Magyar Posta, den ungarischen
Elektrizitätswerken und der Ungarischen Entwicklungsbank zur Registrierung als Mobilfunkanbieter zugelassen wird, womit, einmalig in Europa, der Staat wieder in den
liberalisierten Telekom-Markt einsteigt. Vorgesehen ist zunächst ein Einstieg in das mobile Internet.
Staat stellt 600 Million Forint für Weinmarketing zur Verfügung
Ungarische Winzer können sich in diesem Jahr für staatliche Unterstützung zu
Marketingzwecken von 600 Million Forint (ca. 2. Mio. EUR) bewerben. Es wird aus Steuereinnahmen und einer verkaufsbasierten Beteiligung der Winzer finaziert.
Antje Lehmann, Philipp Karl, Christian-Zsolt Varga
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