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(c) Pester Lloyd / 16 - 2012     POLITIK   17.04.2012

 

Unter Orbán

János Áder wird der nächste Präsident von Ungarn - Regierungsumbildung erwartet

Wie erwartet, hat Ungarns Ministerpräsident Orbán am Montagabend seinen Parteikollegen, János Áder, für das Amt des Staatspräsidenten von Ungarn vorgeschlagen. Mit Áder zieht der nächste Fidesz-Parteisoldat in den Sándor Palast, mehr als Pflichterfüllung für die Partei wird auch von dem Neuen nicht zu erwarten sein, denn nur dafür wurde er von seinem Premier in das Amt gehoben.

War Orbán stets zu Diensten: János Áder, ab 2. Mai neuer Präsident Ungarns. Foto: fidesz.hu

Die Abstimmung im Parlament dazu wurde für den 2. Mai angesetzt. Die erforderliche 2/3-Mehrheit im ersten Wahlgang ist aufgrund der Mandatsverhältnisse gesichert. Orbán pries seinen Wunschkandidaten als jemanden, der "Sicherheit und Berechenbarkeit für die Nation" ausstrahlt und dessen erste Aufgabe "die Verfestigung des neuen Verfassungssystems" sei. Áder hat die Kandidatur angenommen, der Parteivorstand stimmte - natürlich - einstimmig für ihn.

Nach der Wahl Áders wird in Ungarn auch mit einer größeren Regierungsumbildung gerechnet. Orbán sagte, “es gibt eine Reihe von Ministern und Staatssekretären, die ihr Mandat zunächst nur für zwei Jahre akzeptiert haben”. Er befinde sich derzeit in Gesprächen. Wahrscheinlichste Kandidaten für eine baldige Ablöse sind: Wirtschafts- und Finanzminister Matolcsy (könnte von Präsidentenberater Mihály Varga ersetzt werden), Bildungsstaatssekretärin Rózsa Hoffmann sowie ihr Chef, Minister für “Nationale Ressourcen”, Miklós Rétheyli (aus Altersgründen), Fidesz-Fraktionschef János Lázár wird als neuer “Spuerminister” gehandelt. Auch Außenminister János Martonyi gilt als amtsmüde.

János Áder wurde 1959 im nordwestungarischen Csorna geboren, absolvierte ein Jurastudium und wurde Rechtsanwalt. Er gehörte 1988 zur Gründungsgruppe des Fidesz, die sich damals noch deutlich liberaler artikulierte. Vor der Wende arbeitete er zuletzt am Soziologischen Institut der Akademie der Wissenschaften der Volksrepublik Ungarn. 1990 und 1994 leitete er die Wahlkampagnen seiner Partei und war seit 1993 insgesamt viermal Vizechef des Fidesz, eine Position, in der er Orbán innerparteilich den Rücken freihielt. In der ersten Orbán-Regierung von 1998 bis 2002 diente er dem Premier als Parlamentspräsident. 2009 delegierte die Partei Áder nach Brüssel ins EP, wo er Vizechef des Ausschusses für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist.

Áder, der mit einer Richterin verheiratet ist, gilt als einer der Mitgestalter der neuen Verfassung, besonders aber bei der "Umgestaltung" der Judikative wird ihm großer Einfluss nachgesagt. Die Unabhängigkeit des ungarischen Rechtssystems wird gerade von der EU u.a. im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens untersucht. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Schmitt, der des Betruges überführt worden war, kann Áder als deutlich intelligenter - wenn auch nicht als überragende Leuchte - und aber vor allem weniger eitel gelten. In Fragen des Verfassungsrechtes gilt er als qualifiziert, wenn auch nicht so wie sei Vorvorgänger Sólyom, jener konservative Präsident, den Orbán nach Machtübernahme eiskalt abgesetzt hat. Diese Qualifikation ist jedoch eher hinderlich, soll Áder ja die vom Fidesz vorgelegten Gesetze lediglich gegenzeichnen und damit rechtsgültig machen und nicht an ihnen herumkritteln. An Áders unbedingter Treue zu Partei und Orbán sollte es keine Zweifel geben, diese war schließlich auch das Hauptkriterium für seine Wahl.

 

Die Reaktionen der Opposition sind so deutlich wie hilflos. Da der Präsident vom Parlament gewählt wird und es in Ungarn auch keine zweite Kammer gibt, haben die Oppositionsparteien keinerlei Möglichkeit die Wahl zu verhindern oder auch nur zu erschweren. Die LMP beklagt, dass Fidesz wieder jede Konsenssuche zwischen den Parlamentsparteien ausgeschlagen habe. Die DKP von Ex-Premier Gyurcsány hält den Kandidaten für "ungeeignet, demokratische Prozesse zu begleiten". Die MSZP sagte, die Fidesz-Wahl spreche dem Verfassungsauftrag des Präsidenten als dem "Hüter der nationalen Einheit" Hohn. Die Regierungsparteien verteidigen ihren Parteikollegen indes als "verfasssungsrechtlich besonders beschlagen", außerdem habe es zuvor Fünf-Parteien-Gespräche gegeben (die freilich von Dreien als reine Farce bezeichnet wurden).

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