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(c) Pester Lloyd / 09 - 2014   WIRTSCHAFT 24.02.2014

 

Teures Zögern

Kreditausfälle in Ungarn erreichen neues historisches Hoch

Die aktuellen Daten der Ungarischen Nationalbank über die Kreditausfallraten der kommerziellen Banken belegen, dass die Hängepartie um den gesetzlichen Rahmen für Forex-Kredite nachteilige Auswirkungen auf den Zustand der Kreditportfolios der Banken haben. Auch Zins- und Währungspolitik belasten die Bürger weiter, doch die Machtübernahme auf dem Bankensektor ist der Regierungspartei wichtiger.

Viele Schuldner warten derzeit auf die seit langem versprochene, "endgültige, radikale Lösung", die in einem schrittweisen, vollständigen Zwangsumtausch der Forex- in Forintkredite zu einem bevorzugten Wechselkurs und festgeschriebenen Zinsen liegen soll, aber, aufgrund eines ausstehenden Grundsatzurteils, auf sich Warten lässt. Das führt dazu, dass immer mehr - eigentlich solvente - Kreditnehmer ihre Zahlungen einstellen oder verzögern. Aber auch der Umstand, dass Banken immer weniger Kredite ausgeben und die Ungarn netto mehr zurückzahlen als sie aufnehmen, führt dazu, dass der noch nicht abgeschriebene Teil der faulen Kredite diese Bilanz verschlimmert.

In der Folge stieg der Anteil von Krediten, deren Raten länger als 90 Tage überfällig sind und damit als "non performing loans" gelten, zum Jahresende auf den neuen Rekordstand von 18,8%. Hinzu kommen weitere 14,7%, die weniger als 90 Tage überfällig sind, jeweils nochmals rund 0,3 Prozentpunkte mehr als im (Rekord-)Quartal davor. Ende Dezember schuldeten ungarische Haushalte den Banken insgesamt 6.414 Milliarden Forint (derzeit ca. 20,7 Milliarden EUR bzw. 20% des BIP, zum Vergleich: die Staatsschuldenquote liegt bei ca. 80% des BIP) Insgesamt 2.151 Mrd. Forint, knapp 7 Mrd. EUR bzw. fast ein Drittel davon sind "notleidend", wovon wiederum 2/3 als weitgehend verloren gelten können. Noch höher ist die Ausfallquote im Segment der Hypothekenkredite (19,4%), während bei den unbesicherten Konsumkrediten die Rate bei gut 16% liegt. Die Gruppe der Forex-Hypothekenkredite, also jene Schuldner, denen die Regierung durch ein Umtauschprogramm unter die Arme greifen will, schneidet mit 22,6% Ausfällen am schlechtesten ab.

 

Nach einem ersten Grundsatzurteil des Obersten Gerichtes, Kurie, das die Regierung nicht zufrieden stellte, weil die Gültigkeit der Forex-Kredite grundsätzlich nicht angetastet wurde, folgte der Europäische Gerichtshof, dass es keine europäischen Regularien gäbe, die die Gültigkeit der Kreditverträge aufheben könne, die Sache der Gültigkeit also von Fall zu Fall von ungarischen Gerichten zu klären sei. Die Regierung Orbán drängt die eigenen Gerichte auf ein Urteil in ihrem Sinne und erklärte, dass man abweichende Sprüche "nicht akzeptieren" werde. Ziel ist es, die finanziellen Lasten für ein Umtauschgestz allein den Banken aufzubürden. Dahinter steht auch der politische Wille der Regierungspartei, den Bankenmarkt selbst zu kontrollieren.

Der starke, schlagartige Verfall des Forintkurses, der Forex-Kredite direkt verteuert und somit zwingend zu höheren Ausfallraten führen muss, wird sich hingegen erst in den nächsten Aufstellungen der MNB niederschlagen. Premier Orbán sagte am Freitag im Radio, dass der schwache Forint für Ungarn "kein Problem" darstellt, im Gegenteil, sogar die Wirtschaft ankurbele und damit allen helfe. Letzte Woche hatte die MNB, trotz zahlreicher Warnrufe aus Politik und Wirtschaft, den Leitzins weiter, auf nun 2,7% gesenkt, was den Forint weiter schwächt.

Die Opposition nennt diese Finanz- und Wirtschaftspolitik kurzsichtig, zynisch und verfehlt. Im Grunde hätten die Ungarn nicht zu hohe Schulden, sondern zu geringe Einkommen, ein Zustand, den Orbáns "Beschäftigungspolitik" immer weiter verschärfen.

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red.

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