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(c) Pester Lloyd / 05 - 2013   WIRTSCHAFT 28.01.2013

 

Minus ist nicht gleich Minus

Einzelhandelsumsätze, Ernteergebnisse und Bevölkerungsentwicklung in Ungarn

Die Einzelhandelsumsätze sanken in Ungarn im November 2012 zum Vorjahresmonat nochmals um 4,1%, der Rückgang im Oktober lag bei 3,7%. Im November wurde damit das stärkste Minus in diesem Jahr gemessen, das seit April ein Dauergast ist. Die Regierung findet das alles normal... - Ungarns Landwirtschaft erntete wegen der Dürre 2012 ein Viertel weniger als im Vorjahr. Es gab mehr Geburten, trotzdem weniger Einwohner in Ungarn 2012.

Typische MTI-Statistik: Die Entwicklung des Einzelhandels wird uns hier in absoluten Zahlen dargestellt, dass heißt es fehlt sowohl die Inflation als auch die Kaufkraftbereinigung. Klar, dass es so in jedem Monat ein Plus gab, auch wenn - eben vergleichbar gemacht - die Statistiker seit April monatlich ein effektives Minus verzeichnen.

Alles im europäischen Lot?

"Umsätze im Einzelhandel bewegen sich im europäischen Schnitt". So lautet die offizielle Neusprech-Formel zum Thema Binnenkonsum in Ungarn. Allerdings wird dabei der niedrige Basiswert im Lande außer Acht gelassen und damit der Umstand, dass die Rückgänge in den einzelnen EU-Ländern nicht so einfach verglichen werden können. Es macht nämlich einen gewaltigen Unterschied, ob ein Rückgang um 3% von einem Anstieg im Vorjahr von 5% geschieht oder - wie im Falle Ungarns - ein jahrelanger, permanenter Niedergang - und der trotz großzügig erscheiender Steuernachlässe für "Leistungsträger" - zu erleben ist. (siehe Trendgrafik vom KSH) Doch selbst wenn man das außer Acht lässt, ist es noch ein Unterschied zwischen einem Rückgang von 1,3% in der gesamten EU, 2,6% im Euroraum und 4,1% in Ungarn. Stärkere Rückgänge gab es noch in Slowenien, Spanien und Griechenland, während Rumänien um 3% zulegte, Estland um 4, Lettland um 8%, Tschechien und die Slowakei gaben um 1,5-2,4% nach, Polen -2,7%.

Binnenkonsum in Ungarn sinkt von niedrigem Niveau

Die Zahlen für Ungarn: Die Einzelhandelsumsätze sanken in Ungarn im November 2012 zum Vorjahresmonat nochmals um 4,1%, der Rückgang im Oktober lag bei 3,7%. Der Rückgang im November war damit der stärkste in diesem Jahr und ist seit April anhaltend. Die absoluten Gesamtumsätze im (offiziell registrieren) ungarischen Einzelhandel betrugen im November 2012 691,9 Mrd. Forint (heute ca. 2,33 Mrd. EUR) und somit 48 Mrd. (161 Mio. EUR) weniger als im Oktober, von Januar bis November 2012 wurden 7.415,5 Mrd. HUF, knapp 25 Mrd. EUR bzw. rund 2.500 EUR / Kopf umgesetzt. Kleine Anmerkung dazu: während das Verhältnis der Durchschnittslöhne zwischen Deutschland und Ungarn (kaufkraftbereinigt) in etwa 1:3 beträgt, liegt es bei der Konsumstatistik bei rund 1:7, was einen dezenten Hinweis darauf liefert, dass nach wie vor das Meiste am ungarischen Statistikamt vorbei gehandelt wird...

Das KSH bietet uns eine Trendgrafik an, die schon mehr sagt. Als Vergleichswert (100) wird der Monatsschnitt vo 2005 veranschlagt. Seit dem Ausbruch der Krise Ende 2008 wird der unterboten, die Kurve zeigt seit Mitte 2011 noch stärker nach unten, die Zeit seit der die “Flat tax” wirkt. Im Moment kaufen die Ungarn um 10 Prozentpunkte weniger ein als mit Ausbruch der Lehman-Krise...

Nahrungsmittel, Getränke und Tabakprdoukte gingen um 2% von Jahr zu Jahr zurück, non-food-Produkte btachen um 7,7% ein, darunter Schuhe und Kleindung -7%, Möbel und Haushaltselektronik -12.2%, Bücher und Computer -8,7%. Pharmaprodukte konnten einen Umsatzzuwachs um 4,1% erreichen, Dank einer entsprechenden Preispolitik der Hersteller und auf Kosten der Ärmsten. Second Hand Shops melden ein leichtes Umsatzplus von rund 0,7%, hingegen explodierten Versandware und Internetshopping um 23,6%. Kraftstoffumsätze sanken auf Jahresbasis um 3%. Autos und Ersatzteile (nicht Teil der EU-Statistik) wurden um 6,2% weniger verkauft als im Vorjahr.

Ungarns Landwirtschaft erntete 2012 ein Viertel weniger als im Vorjahr

 

Das Statistische Zentralamt hat die endgültigen Ernteergebnisse der ungarischen Landwirtschaft für 2012 vorgelegt. Auch hier wieder die Einschränkung: die offiziell registrierten Ergebnisse. Wie berichtet, litt die Ernte 2012 unter einer massiven Dürreperiode, während 2011 ein besonders gutes Ergebnis eingefahren werden konnte. Obwohl 2012 2% mehr Flächen mit Getreide bewirtschaftet wurden als 2011, musste man Ernteverluste von im Schnitt 25% hinnehmen. Bei Weizen waren die Anbauflächen um 9% gewachsen, die Erträge aber um 3% gesunken (auf rund 4 Mio. Tonnen), imposanterweise war die Teuerung bei Weizenmehl aber 4fach höher als der Ernteverlust. Der Ertrag pro Hektar kam auf ca. 3.470 kg. Mais erbrachte noch ca. 4,741 Mio. Tonnen d.h. 41% weniger als im Vorjahr, was sich vor allem auch auf die Tierfutterpreise, weniger auf das Kino-Popcorn auswirken wird und damit auch tierische Nahrungsmittel extrem verteuert. Zuckerrüben wurden auf 17.000 ha angebaut, 14% mehr als im Vorjahr, doch die absoluten Ernteerträge sanken um 11% auf 759.000 Tonnen. Sonnenblumen wurden 5% wengiger geerntet, Raps 24%, Kartoffeln 17% weniger (auf 17% mehr Feldern!).

Mehr zum Dürrenotstand in der ungarischen Landwirtschaft 2012

Zu den daraus resultierenden Preissteigerungen bei den landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen hier die aktuellen Zahlen vom Dezember + Aspekte des mangelnden sozialen Ausgleichs

Zum aktuellen Ringen um den Brotpreis zwischen Handel und Bäckern hier mehr

Mehr Geburten, trotzdem weniger Einwohner in Ungarn 2012

Mit 9.935.000 hat die (geschätzte) Einwohnerzahl Ungarns einen neuen historischen Tiefststand erreicht und ist nochmals rund 23.000 Personen geringer als im Vorjahr. Immerhin können die Statistiker von ein paar mehr Neugeborenen in den ersten elf Monaten 2012 berichten, mit 82.834 etwa 2,8% bzw. 2.227 Babies mehr als im Vorjahreszeitraum. Sterbefälle gab es im gleichen Zeitraum 117.516 und damit 48 mehr als im Vorjahr, die natürliche Fluktuation betrug somit netto 34.682. Die Bilanz aus Aus- und Einwanderung betrug + ca. 11.500.

Bei den Todesfällen sind die Entwicklungen stabil bzw. in den normalen Schwankungsbreiten, ein Plus von 9,3% gegenüber dem Vorjahr im März wird der Grippewelle zugeschrieben, der Zuwachs von 6,1% im Juli geht zu Lasten der Hitzewelle, so die Statisitker von Zentralamt KSH. Im gemessenen Zeitraum gab es 33.752 Eheschließungen, 168 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, das sind 3,7 Ja-Worte pro tausend Einwohner, Pro Mille gab es 9,1 Lebendgeburten und 12,9 Todesfälle.

Weniger Einwohner, aber mehr Ungarn

Zwar sinkt die Zahl der Einwohner in Ungarn permanent, im Oktober 2010 erstmals unter 10 Mio., doch, wie wir schon beim Einzelhandel lernen duften, ist Minus nicht gleich Minus, schon gar nicht, wenn es um die Nation geht: denn die Zahl der Ungarn insgesamt steigt seit unserer neuen Regierung permanent an, bisher um ca. 450.000, wegen der neuen vereinfachten Staatsbürgerschaften. Allerdings bleiben die meisten davon in ihren Heimatländern Slowakei, Rumänien, Serbien oder Ukraine, weshalb der Zuwachs an Volk noch keinen Bevölkerungszuwachs ergibt. Wie die aktuellen Statistiken zum Arbeitsmarkt nahe legen, ist das auch besser so, denn unsere Regierung wüsste im Moment gar nicht so recht wohin mit ihnen...

cs.sz.

Weitere aktuelle Eckdaten (Quelle: Statistisches Zentralam, KSH):

- Industrieproduktion November 2012: -6,9% (zu November 2011)
- Bauwirtschaft, -11,7% zum Vorjahr
-
Reallöhne, -2% (Medianwert)
-
Teuerung: 5,7%

Traumzahlen - Aktuelle Daten zu Einkommen und Arbeitsmarkt in Ungarn
http://www.pesterlloyd.net/html/1251augenwischerei.html

 

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