THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 39 - 2014 WIRTSCHAFT 22.09.2014

 

Wer zu spät kommt...: Ungarn geht bei EU-Sanktionshilfe erstmal leer aus

 

"Ungarn bekommen kein Geld von der EU", meldet die regierungsnahe Tageszeitung "Magyar Nemzet" etwas trotzig. Richtiger wäre gewesen, "Ungarn kommt für EU-Hilfen zu spät", aber das passt natürlich nichts ins gängige Bild. Fakt ist, dass Ungarn bei der ersten Runde der EU-Soforthilfen gegen die Auswirkungen der russischen Gegensanktionen im Bereich Obst & Gemüse leer ausgegangen ist.

Der Grund dafür ist jedoch weder in der hierzulande vermuteten chronischen Ablehnung der Orbánschen "Volksregierung", in einer Rache für den "Knieschuss"-Sager Orbáns oder gar im kürzlichen Besuch des ung. Landwirtschaftsministers in Moskau, zu suchen, wo dieser ohne Absprache mit seinen EU-Kollegen "Möglichkeiten der Umgehung des Embargos" und "Sonderwege" eroierte.

Der Grund ist viel banaler: Am 10. September war in Brüssel Abgabeschluss für Anträge für den Ankauf von Lebensmitteln aus der Embargoliste im Gesamtwert von 125 Mio. EUR durch die EU. Angekündigt war die Aktion seit dem 18. August. Ungarn gab eine Liste mit 262 Antragestellern ab - am 12. September. Fast 80% der Antragesteller sind übrigens Unternehmen aus einschlägig bekannten Fidesz-Kreisen zuzuordnen, nicht wenige Produzenten und Höfe beklagten, dass ihnen die zuständige Kammer die Informationen über die möglichen Antragswege gar nicht, zu spät oder unvollständig übermittelte.

A watermelon a day - keeps the Russians away? Melonenkommissar Budai wirbt hier nicht für den patriotischen Eigenverzeher, sondern für ein staatliche Preiskartell für ungarische Melonenhersteller - auch gegen EU-Konkurrenz und bei Entmachtung des Wettbewerbsamtes. Ist zwar gegen die Regeln, ist Ungarn aber Wurscht, die EU hats ja nicht gemerkt. Oder doch?

 

Die EU wird die aufgekauften Lebensmittel an Sozialeinrichtungen, Kindertagesstätten, Suppenküchen und Kommunen, aber auch an Flüchtlings- und international operierende Hilfsorganisationen für entsprechende Verwendung weitergeben. Die erste Runde der Soforthilfen betrifft: Tomaten, Karotten, Kraut, Paprika, Blumenkohl, Gewürz- und Salatgurken, Pilze, Äpfel, Birnen, Trauben zum Verzehr sowie Kiwis und Beeren. Bevorzugt werden Regionen, die "stukturell betroffen" sind, ansonsten geht es nach der Reihenfolge der Antragstellung. Für ebenfalls vom Importstopp betroffene Fleischprodukte und für andere Waren sollen die Auswirkungen erst evaluiert werden, die meisten Händler fanden längst neue Absatzwege oder helfen sich mit Ramschverkäufen aus.

Ungarn beziffert den bisher entstandenen Schaden mit rund 80 Mio. EUR, eine Zahl, die der vorherigen offiziellen Angabe von 220.000 EUR am Tag widerspricht. Österreich beziffert den Geschäftsausfall z.B. bis Ende August mit rund 5 Mio. EUR. Mehr zum Thema:
Wie hart und wen treffen die russischen Sanktionen in Ungarn wirklich?

Die regulären EU-Zahlungen fließen übrigens - trotz zahlreicher Zweifel am Umgang mit den Geldern - weiter und ungebremst. Hier mehr dazu.

Mehr zu den ambivalenten Positionen Ungarns im Ukraine-Russland-Konflikt

red.

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