THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 38 - 2014 GESELLSCHAFT 17.09.2014

 

Studie der Bertelsmann-Stiftung: Ungarn mit Rumänien. Bulgarien und Griechenland Schlusslicht bei sozialer Gerechtigkeit in Europa

Laut einer Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung nimmt die soziale Spaltung in der EU weiter zu. Während die Krisenfolgen in Nordeuropa, vor allem in Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden vergleichsweise gerecht abgefedert werden konnten, hat sich die Lage der Menschen in den süd- und osteuropäischen Krisenländern weiter verschärft. Dabei leiden Kinder und Jugendliche stärker unter den Auswirkungen sozialer Ungerechtigkeiten als Alte.

Die Ergebnisse für Ungarn sind auch ein Armutszeugnis für die "Sozialpolitik" der Regierung Orbán, bildet das Land auf Platz 25 doch zusammen mit Griechenland, Rumänien und Bulgarien das Schlusslicht auf dem Bertelsmann-Index der sozialen Gerechtigkeit in Europa. Dagegen finden wir die regional vergleichbaren Mitbürger aus Polen auf einem verbesserten Rang 16 der 28 EU-Länder, die Slowakei auf 17, Slowenien auf 9 und Tschechien sogar noch vor Österreich und Deutschland auf Platz 5! Den dramatischsten Abstieg legten neben den Ungarn die Italiener hin.


 

Die durchaus nicht als "links" oder sonst radikal systemkritisch anzusiedelnde Bertelsmann-Stiftung richtet den europäischen Regierungen aus, dass man die Balance zwischen Schuldenmanagement, Wachstumsanreizen und sozialer Absicherung noch nicht wieder gefunden hat und - speziell an die Zahlenzauberer in Budapest gerichtet: (nominales, Anm.) Wirtschaftswachstum allein ist kein Garant für soziale Gerechtigkeit.

Betrachtet man die Kriterien, nach denen die Stiftung ihre Studie ausrichtet, verwundert das erbärmliche Abschneiden Ungarns wenig. Denn: "Armutsvermeidung, Zugang zu Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, soziale Kohäsion und Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Generationengerechtigkeit" sind gerade die Themen, die im "neuen Ungarn" Orbáns Platz für nationale Herrlichkeit und zielgruppenorientierte Wohlfahrt machen mussten.

Die Armut wird hierzulande nicht vermieden, sondern ist quasi Teil des zynischen Systems, der Zugang zur Bildung wurde zum ständischen Privileg bzw. auf ein "volkswirtschaftlich sinnvolles" Minimum zusammengestuzt, bzw. im Pflichtschulbereich ideologischen Anforderungen untergeordnet. Der echte Arbeitsmarkt stagniert oder löst sich durch massive Abwanderung auf, der staatlich geförderte hingegen ist eine steuerfinanzierte perspektiv- und würdelose Chimäre für die Statistik. (mehr dazu in den Links unter dem Beitrag)

 

Die Diskriminierung und Segregation der Roma, die, laut Berstelsmann "erhebliche Einschränkungen und Diskriminierungen hinnehmen müssen", aber auch anderer sozialer Randgruppen wie Obdachlose wurde entweder durch Kriminalisierung oder Law-and-Order-Maßnahmen zementiert, die Chancen dieser Gruppen auf sozialen Aufstieg dadurch eher noch vermindert. Die Mängel im Gesundheitswesen sind so akut wie chronisch geblieben, neben Lettland und Rumänien herrschen, laut Studie, "in Ungarn die größten Defizite". Die Generationengerechtigkeit ist angesichts aufgebrauchter Rentenbeiträge und Einstiegseinkommen für Berufsanfänger unter dem Existenzminimum ohnehin ein Thema in weiter Ferne.

Der Bericht stellt für Ungarn eine weitere erschreckende Zahl heraus: 43% aller Kinder und Jugendlichen (bis 17 Jahre) sind arm oder von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Zahl deckt sich übrigens mit den Eurostat-Einschätzungen zur Armutsgefährund für die Gesamtbevölkerung. Eine Quote, die nur noch von Rumänien (52,2%) und Bulgarien (52,3%) getoppt wird. In der Kategorie: Vorenthaltung lebenswichtiger Ressourcen bei Kindern belegt Ungarn mit 35%, auf die das zutrifft, den vorletzten Platz, vor Bulgarien (51%).

Hintergründe:

Elend mit System: Ungarn verarmt unter Orbán immer weiter

Eurostat: Armut in Ungarn steigt stärker als im EU-Schnitt und bei den Nachbarn

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cs.sz.

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