THEMA: WAHLEN UNGARN 2014

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(c) Pester Lloyd / 32 - 2014 POLITIK 09.08.2014

 

Ein Adler bewacht die "Fradi City": der FTC Ferencváros eröffnete sein neues Stadion in Budapest

Schon wieder ein angriffslustigerAdler in Budapest? Doch weder stellt Bürgermeister Tarlós das Besatzungsdenkmal nach, noch soll die gewaltige Metallstatue die peinliche, gerupfte Krähe am umstrittenen Denkmal am Freiheitsplatz ersetzen. Es handelt sich bei dem am Samstag eingeweihten Metallhaufen lediglich um das aus Erz gegossene Maskottchen des berühmt-berüchtigten ungarischen Kult- und Traditionsklubs FTC Ferencváros, der sein neues 50 Mio.-EUR-Stadion eröffnete.

Budapests Oberbürgermeister Tarlós vor dem Fradi-Adler

Der überdimensionierte Vogel in Angriffspose dient hinfort als Fotomotiv und Torwächter des neuen FTC-Stadions, der Groupama Aréna, des neuen sportlichen Heims der Grün-Weißen Budapester. Am Freitag wurde es mit einem Testspiel gegen die Erzrivalen aus Újpest eröffnet, seine ersten Weihen erhält es am Sonntag mit einem Freundschaftsspiel gegen den FC Chelsea von Trainer Mourinho.

Das neue Stadion mitten im 8. Bezirk (Üllői út 129, Metro: Népliget) bietet bis zu 23.000 Zuschauern Platz und kostete schlappe 50 Mio. EUR, von denen ein nicht geringer Teil wiederum von der "Sondersteuer für beliebte Sportarten", vulgo: Fußballsteuer finanziert wurde. Knapp drei Dutzend weitere Stadionneubauten - im Zentrum
das neue Puskás-Stadion für 325 Mio. EUR bzw. -erneuerungen werden auf diese Weise finanziert - unbehelligt von allfälligen Hauhsaltssperren und Mittelstreichungen in anderen, womöglich lebenswichtigen Bereichen.

 

Rund um die neue Arena soll eine "Fradi City" entstehen, mit umfassenden Trainings-, Freizeit- und Kommerzanlagen, um die Wertschöpfungskette immer weiter zu knüpfen. Im Umfeld der Errichtung wurden bereits die üblichen Geldabzweigungen dokumentiert. Ein Beispiel hier. Dass die Prestigebauten mehr der parteinternen Geldumleitung und als Machtikonen dienen, denn als sportliche Zentren für eine glorreiche fußballerische Zukunft, belegt der Zustand des ungarischen Fußballs, dem wir uns in diesem Beitrag (2. Teil) anlässlich der U19-EM widmeten.

Die neue Gropuama-Arena. International für 22.000, verbandsintern für 23.500 Zuschauer zugelassen. Kostenpunkt. Offiziell: 45 Mio. EUR.

Klubpräsident von FTC ist seit dem Rückkauf von einem englischen Investor 2011 Gábor Kubatov, Generalsekretär der Regierungspartei Fidesz, er hatte also hinsichtlich der Finanzierung einen kurzen Dienstweg zum fußballbegeisterten Stadionbetreiber und Premier Orbán. Mehrere Top-Klubs sind heute unter direkter Kontrolle der Regierungspartei, der nationale Fußballverband wird von einem der mächtigsten Oligarchen des Landes geleitet. FTC-Chef Kubatov wurde bekannt für seine Datensammelwut, er ließ 2010 Listen von Wählern erstellen, um deren Gesinnung aufzuzeichnen. "Wir wissen wo die Kommis wohnen..." wurde zu einem geflügelten Wort. Eine Videoaufnahme überführte ihn - ohne weitere Konsequenzen.

Fidesz-Pate Kubatov..., Präsident des FTC

Als "linke Randalierer" im Vorjahr die Fidesz-Parteizentrale belagerten, stellte Sportsmann Kubatov ein paar Stiernacken aus seinem Klub-Sicherheitsdienst zur Bereinigung der Lage ab, darunter auch zwei gerade aus dem Knast entlassene Gewalttäter. Die Polizei hatte nichts dagegen, dass diese vor Ort Polizeigewalt übernahmen und Besetzer aus dem Gebäude entfernten. Die Truppe soll, nach Kubatovs Wünschen, den Kern einer "Parteigarde" bilden, um sich gegen "illegale Angriffe linker Extremisten, die die Demokratie angreifen" wehren zu können.

Ein Muss für jeden Stadionbesucher als Fotomotiv in der Abendsonne...

Eher unbelästigt von den Sicherheitsleuten bleiben hingegen die zahlreichen "Fans" des FTC, die regelmäßig mit rassistischen, vorzugsweise antisemitischen Ausfällen auffallen, nicht selten den Hitler-Gruß zeigen und auf Transparenten auch schonmal SS-Kriegsverbrecher hoch leben lassen, während Gegenspieler als "Judenschweine" und ähnliches betitelt werden

Mehr zum Thema: Trag niemals Lila!
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Mehr zu Fradi City und Ausfällen bei den Fans

cs.sz.

 

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