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(c) Pester Lloyd / 03 - 2015   WIRTSCHAFT   12.01.2015

 

Jeden Tag Millionenverluste: Zentralbank in Ungarn unterdrückt Aufklärung zu Kauf von MKB und Budapest Bank

Ein durchgesicketer interner Briefwechsel zwischen Orbáns Kanzler und dem Zentralbank-Chef belegt, dass der Kauf der MKB und der Budapest Bank durch den Staat nicht nur teure Verlustgeschäfte für die Steuerzahler sind, sondern auch Teil des großen Raubzuges der Regierungspartei an öffentlichen Mitteln. Die Nationalbank lässt natürlich keine Aufklärung zu und zerrt nun die Aufdecker vor Gericht.

MNB-Chef György “Matman” Matolcsy als “Herr des Geldes”

Mit Klagen wegen des "Verrats von Geschäftsgehemnissen" und "Verleumdung" gegen die Wochenzeitung "Figyelő" versucht die ungarische Nationalbank, MNB, unter ihrem Fidesz-Chef Matolcsy heikle Informationen zur kürzlich erfolgten staatlichen Übernahme der Banken MKB und BB zu unterdrücken. Unterstützt wird der Angriff auf das Medium durch eine Ermittlung wegen des Verdachts der "Marktmanipulation" seitens der, ebenfalls bei der MNB angesiedelten Finanzaufsicht.

"Figyelő" hatte vorige Woche unter anderem aus einem Brief von Orbáns Kanzleramtsminister Lázár an Nationalbankchef Matolcsy zitiert, der, so die MNB, "Geschäftsgeheimnisse" enthalten haben soll. Dabei wurden Details öffentlich, die belegen, dass sowohl der
Kauf der Budapest Bank, BB, damals Tochter der GE Capital als auch der MKB (von der BayernLB) ein massives Verlustgeschäft für den ungarischen Staat und somit den Steuerzahler darstellt, womit wiederum der Verdacht erhärtet wird, bei den Erwerbungen gehe es lediglich um die Umverteilung von Marktanteilen zu Gunsten Fidesz-naher Geschäftskreise.

 

Denn die verstaatlichten Banken sollen perspektivisch rückprivatisiert werden, in die "Hände von vertrauenswürdigen ungarischen Geschäftsleuten", wie Orbán öffentlich ankündigte, womit er das Ziel "eher 60% und mehr" des ungarischen Bankenmarktes in "ungarische Hände zu bringen" erreichen will. Dass es dabei nicht um die Belange der Schuldner und normalen Bankkunden geht, dürfte sich mittlerweile, spätestens aber seit der Enteignung der Spargenossenschaftler, herumgesprochen haben. MKB und BB sollen dazu möglicherweise verschmolzen werden. (Links unter dem Text).

Wie aus dem internen Schriftwechsel hervorgeht, hatte die BB zum Zeitpunkt des Kaufes einen Marktwert von lediglich rund 400 Mio. USD, während Ungarn rund 700 Mio. USD zahlen wird. Offiziell war über den Verkaufspreis - wiewohl er aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt wird - Geheimhaltung angeordnet worden. Matolcsy seinerseits beklagte in seiner Antwort an Lázár, dass er auch den MKB-Kauf für einen "riesigen Fehler" hält. Derzeit mache die Bank Verluste von täglich (!) umgerechnet rund 1,5 Mio. EUR, die sich bis zu einer Bereinigung auf bis zu 700 Mio. EUR summieren könnten. Dabei hatte Orbán beim Kaufabschluss noch frohlockt, dass die Bayern nur einen symbolischen Kaufpreis erhalten und sogar noch rund 200 Mio. EUR Kapital für faule Kredite nachschießen müssten.

Bei der BayernLB gibt es indes noch einen weiteren Anhaltspunkt für die nun offensichtliche Überzahlung. Orbáns Fidesz ist politisch durch CDU/CSU erpressbar geworden, die dem ungarischen Premier seit Jahren über die EVP und den Rat der Regierungschefs den Rücken für seine antidemokratische Politik freihalten und schwerwiegendere EU-Sanktionen bisher stets vermieden haben. Bereits beim Verkauf der E.ON-Gastöchter wurde eine Diskrepanz in der Höhe mehrerer Hudnert Millionen Euro zwischen Firmenwert und Verkaufspreis festgestellt, - auch hierzu unterdrückt Orbáns Justiz jede weiterführende Ermittlung. Auch die Vervierfachung der staatlichen Beihilfen für die jüngste Audi-Investition - die nicht nach Brüssel gemeldet wurde - ist nicht als Zufall zu betrachten.

Die jetzigen Einbußen bei der MKB gingen in erster Linie auf faule Immobilienkredite und gescheiterte Entwicklungsprojekte zurück, sagen Experten gleichlautend mit den internen Quellen, erst in zweiter Linie auch auf faule Konsumenten- und Hypothekenkredite von Privaten. Die Nationalbank wurde daher nicht zufällig von Orbán angewiesen, eine
staatliche Bad Bank samt angehängtem Immobilienportfoio einzurichten, um die Projekte der beiden Neuerwerbungen zu bereinigen - lies: zu vergesellschaften, um dann verlustfreie Institute in den Markt bringen zu können. Die "Abwicklung" der non performing assets hinter der Schweigemauer der MNB darf als lohnenswerte Spielwiese für so diskrete wie krumme Geschäfte von Aufkäufern und Vermittlern gesehen werden.

Jetzt, da die Dokumente über das finanzielle Desaster der Transaktionten öffentlich und eigentlich unwiderlegbar sind, leugnet die MNB dennoch alles. "Die Annahmen in der Presse sind falsch", alles ginge seinen "geplanten Gang", man werde "nach den notwendigen Veränderungen profitable und starke Finanzinstitutionen vorfinden". Weiter wird erklärt, dass "alle Daten der Zentralbank über deren Aufgaben hinsichtlich der Restrukturierung der MKB" als "Geschäftsgeheimnis" eingestuft seien, daher sei die Klage gegen die Zeitung unumgänglich.

Die Nationalbank unter Matolcsy war in den vergangenen Monaten vor allem durch Geschäfte abseits ihrer Kernaufgaben aufgefallen. Kümmerte sich der Chef doch einmal um Währung- und Preisstabilität ging der Forint regelmäßig in den Keller. "Erfolgreicher" ist er im "sozialen Bereich": Für rund
600 Mio. EUR wurden verschiedene "Bildungsstiftungen" zur Etablierung der "unorthodoxen Wirtschaftslehre" gegen die "liberalen Irrlehren" eingerichtet, für weitere zweistelligen Millionen-EUR-Beträge wurden - teilweise überteuert und über off-shore-Konstrukte - Immobilien erworben, darunter edle Bürogebäude, renovierungsbedürftige Palais in der Burg, ein Schloßhotel. Auch Dutzende Kunstwerke bis hin zu einer Guaneri-Geige standen auf der Einkaufsliste, die, so Gouverneur Matolcsy eine "nachhaltige Wertsteigerung" bedeutet.

Der MNB-Chef agierte bei seinen Transaktionen meist ohne einen regulären Aufsichtsrat, der wegen fehlender Besetzungen nicht satzungsgemäß arbeiten kann. Parlamentarische Vorladungen zur Untersuchung von Unstimmigkeiten verweigert sich Matolcsy mit dem Hinweis auf die "totale Unabhängigkeit der Zentralbank", die andererseits jedoch "mit der Regierung zusammenarbeitet".

 

Für die nahe Zukunft sind der Aufkauf bzw. der Abzug von 2-3 weiteren der insgesamt acht großen Banken in Ungarn geplant. Vor allem die Raiffeisen gilt als Übernahmekandidat, auch die von Sberbank übernommenen Volksbanken, CIB, K&H sowie Erste wollen ihre Marktposition behaupten, doch auch die Geduld deren Mütter ist nicht endlos. Nach den zahlreichen Belastungen durch Sondersteuern, Transaktionssteuer sowie die Kosten des Forex-Zwangsumtauschs und der Rückzahlung "ungerechtfertigter Gewinne" aus der rückweirkend erfolgten Feststelluhng "unrechtmäßiger einseitiger Vertragsänderungen", kommt als nächster Schritt ein "Deal" Orbáns auf die Banken zu, der "niedrigere Steuern gegen höheres Kreditaufkommen" anbieten will. Dazu bräuchten die Institute aber frisches Kapital, das ihnen ihre Mütter wegen des Risikos in Ungarn nicht geben werden, was die "Marktbereinigung" zu Gunsten eines Fidesz-Finanzmarktes nur beschleunigen wird.

Orbán wird Banker: MKB und BB sollen zu Großbank verschmolzen werden. Zu welchem Zweck?

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red.

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