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(c) Pester Lloyd / 44 - 2014   WIRTSCHAFT   30.10.2014

 

Portfolio erweitert: Orbáns Kampfgruppe CÖF steigt in Landvergabe und Lebensmittelhandel ein

Die "NGO" CÖF rund um einflussreiche Orbán-Freunde aus Wirtschaft, Politik und Medien, hat einen weiteren Schritt in Richtung informelle Machtausübung vorgenommen. Gestern wurden sowohl mit dem Landwirtschaftsministerium als auch den führenden ungarischen Einzelhandelsketten CBA und Coop (beide von Fidesz-Günstlingen kontrolliert) "Kooperationsvereinbarungen" abgeschlossen. Die Ziele dahinter können offensichtlicher nicht mehr sein, doch genieren tut sich von der Nomenklatura niemand mehr.

Offizieller Zweck dieser Kooperation sei die "Förderung der ländlichen Produktion und des Verkaufs sicherer, gesunder und traditioneller Lebensmittel" sowie "der Schutz der ungarischen Erde". Ohne viele Umstände erklärte CÖF-Chef, László Csizmadia (auf dem Foto links), im CÖF-Hausblatt "Magyar Hírlap" (Eigentum von CÖF-Mann und Ikarus-Oligarch Széles) dass man - im Unterschied zu aus dem Ausland finanzierten und fremde Interessen vertretenen NGO´s - geradezu berufen dafür sei, die Landvergabe an Kleinbauern zu "überschauen" und den örtlichen Landkomitees (Fidesz-Kommissionen mit Veto- und Vorkaufsrechten bei Vergabe bzw. Rückübertragungen nach dem neuen Bodengestz) "Empfehlungen" zu geben. Es sei eine Schande, dass immer mehr junge Leute in die Städte zögen, wo sie letztlich schlechter leben als zuvor, meint Csiszmadia, der übrigens passenderweise als Rergierungsbeauftragter der Behörde vorsteht, die zentral die steuerlichen Mittel für die NGO´s verteilt - oder eben auch nicht.

 

Das gleiche gelte für die Kooperation mit den Handelsketten, man wolle hier "die uralte, reiche Tradition" der ungarischen Agrargütererzeugung zurückholen, lies: dafür sorgen, dass CBA und Coop die richtigen Lieferanten unter Vertrag nehmen und die ausländische Konkurrenz möglichst nur noch zweitklassige Ware erhält (gemäß Punkt 27 auf Orbáns Sofortprogramm von 2010: Weg mit dem "ausländischen Dreck".) Landwirtschaftsminister Fazekas (auf dem Foto rechts) freute sich über diese "Einbindung der Zivilgesellschaft", denn nur im Austausch zwischen "Bürgern und Regierung" könnten die "Vorhaben der nationalen Konsultation" umgesetzt werden.

Man könnte die Sache auch kürzer auf den Punkt bringen: die sich als Revolutionskomitees tarnende Mafia legalisiert sich konsequent weiter: Neben der "gezielten" und direkt von Orbáns Kanzler Lázár kontrollierten Verteilung der EU-Fördermilliarden über "öffentliche Ausschreibungen", in denen die wirklich großen Batzen der Beute verteilt werden, hat sich die zweite und dritte Ebene der Fidesz-Apparatschiks und ihrer befreundeten Unternehmen ein ganzes Portfolio von Einkommensquellen erschlossen. Neben der oben angesprochenen "Landvergabe" (steuerfreie Pachteinnahmen, EU-Agrarförderungen, Gewinn durch Umwidmungen, Abhängigkeit ganzer Gemeinden) nach dem neuen Bodengesetz und den Lieferketten zwischen bestimmten Erzeugern und den Fidesz-Supermärkten von CBA, wären da die "Takarékponts", ländliche Stützpunkte der von Fidesz unter Privatkontrolle gebrachten Spargenossenschaften als parallele Bankenwelt sowie die bald um Alkoholika zu ergänzenden Tabakhandelslizenzen, als Deputat an die treuen Dorfkommissare. Alle aufgeführten Muster und Systeme sind - und das ist der wesentliche Unterschied zu den nicht minder korrupten Vorgängerregierungen - gründlichst durch entsprechende Gesetzgebung abgesichert. Wo noch Lücken bestehen, greift das Fidesz-eigene Filtersystem bei den Staatsanwaltschaften bzw. der Exekutive, deren Rückmeldungen wiederum die Legislative in Gang setzen.

 

Die “Bürgereinheitsfront” (offiziell: Forum Bürgerallianz) CÖF wurde vor allem durch seine "Friedensmärsche" bekannt, mit denen man Hunderttausende Menschen, überwiegend vom Lande "gegen Kolonialisierung Ungarns", gegen die "Finanzmärkte" oder gegen einen "Putsch der EU gegen Orbán" mobilisierte. Auch mit Geld und unter Nutzung allgemeiner Infrastruktur, doch auch so kamen bisher genug freiwillig. Dass diese medienwirksamen Aktionen, die durchaus eine Machtstütze für das Orbán-Regime darstellen nur die Maskerade für die Entfaltung geschäftlicher Aktivitäten im Hintergrund sind, ist an sich nichts Neues, die sorglose Öffentlichmachung schon. Ein von Orbáns Hofschreiber und CÖF-Co Bencsik angeregter Friedensmarsch gegen die US-Sanktionen wurde der Nichtregierungsorganisation von der Regierungspartei vorerst ausgeredet: aus Angst man könne weniger Menschen mobilisieren als die Gegner der Internetsteuer am Dienstag.

Einer der wichtigsten Protagonisten des CÖF ist Zsolt Bayer, den wir hier portraitierten.

cs.sz.

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