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(c) Pester Lloyd / 29 - 2015     NACHRICHTEN    31.07.2015

 

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Liebe Leserinnen und Leser, aufgrund einiger Tage Urlaubs reduzieren wir unser Programm etwas, wollen Sie aber mit diesem News-Ticker auf dem Laufenden halten. Bis bald, Die Redaktion

Montag, 03. August 2015

31fluechtlingebudapest (Andere)


Innenminister Sándor Pintér erwartet in den kommenden Monaten mehr als 19.000 Asylbewerber, die aus westlichen EU-Ländern nach Dublin III zurück nach Ungarn geschickt werden. Die meisten kämen aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Schweden und Tschechien. Dies wären mehr als ein Drittel der 67.000 in Ungarn in diesem Jahr Erstregistrierten. 43.000 der Anträge wurden beendet, weil die Antragsteller während des Verfahrens das Land verlassen hatten. Bis dato zählten die Behörden 780 Rücküberstellte, von denen jedoch 685 das Land wiederum verlassen haben.

Seit 1. August sollen Asylverfahren in Ungarn laut Gesetz nicht länger als 15 Tage dauern, fast alle Antragsteller haben mit einer Abweisung und Rückabschiebung in "sichere Herkunfts- oder Transitländer" zu rechnen, also in jene Länder wie Serbien, Mazedonien, Griechenland oder Bulgarien, die per ungarischem Gesetz als "sicher" eingestuft wurden. Erst vor wenigen Tagen hat wieder ein deutsches Gericht eine Rückabschiebung nach Ungarn verhindert, es also nicht als sicheres Drittland eingestuft, wegen "menschunwürdiger Behandlung".

Deutsche und österreichische Polizisten helfen ihren ungarischen Kollegen systematisch auch auf ungarischem Territorium bei der Suche nach Flüchtlingen, die von Ungarn aus den Weg gen Westen einschlagen. So wurden gestern in einem Zug von Budapest nach Wien wieder 26 Flüchtlinge verhaftet, darunter vier Kinder", die nach Wien wollten. Sie wurden in Györ aus dem Zug geholt, MTI teilt mit, dass gegen sie "strafrechtliche Ermittlungen" eingeleitet würden.

Die Maßgabe Orbáns, alle Flüchtlingslager in bewohnten Gebieten zu schließen, hat die Errichtung zwei neuer, großer Zeltstädte als "Erstaufnahmezentren" in der Provinz zur Folge. Gegen die geplanten Lager im südwestungarischen Sormás sowie in Mártonfa hat die neonazistische Jobbik "öffentliche Proteste" angekündigt. Finanziert werden sollen die Lager aus den gleichen Mitteln wie der Grenzzaun zu Serbien, dafür hat die Regierung mittlerweile rund 80 Mio. EUR locker gemacht.

Das Fidesz-Parteiblatt "Napi Gazdaság" berichtet, dass "ein ausländischer Geheimdienst" den ungarischen Kollegen Passkopien, Fotos und Personenbeschreibungen von "zehn Terroristen" übergeben habe, die "sich unter Einwanderern nach Ungarn geschmuggelt" hätten. Die Personen sollen zuvor in einem "Jihadistischen Trainingslager in Bosnien Herzegowina" gesichtet worden sein. Dass sich IS-Rückkehrer und andere Terroristen unter Flüchtlinge mischen, wird von westlichen Behörden immer wieder befürchtet, allerdings ist der nicht verifizierbare Bericht der Zeitung schon deshalb mit Vorsicht zu genießen, da Orbán pauschal alle Flüchtlinge zu Kriminellen und Terroristen erklärte und die "Napi Gazdaság" das Hausblatt Orbáns ist.

Der Oberbürgermeister von Budapest, István Tarlós, Fidesz, hat einen "Aktionsplan" "zur Bewältigung von tausenden Flüchtlingen", die "jeden Tag in Budapest ankommen", angekündigt. Dabei soll vor allem die "sanitäre" Situation auf Straßen, in Unterführungen und in Parks gelöst werden. Es ist davon auszugehen, dass der Plan ähnliche Platzverbote und Kriminalisierungen enthalten wird wie die Gesetze gegen Obdachlose. Eine Verbesserung der humanitären Situation der Flüchtlinge und ein für Budapest dadurch erträglicheres Handling der Lage klang in der Ankündigung Tarlós` nicht an. Opposition und NGO´s kritisieren, Tarlós hätte in der Frage total versagt. Die Probleme seien seit Monaten sichtbar, nichts sei städtischerseits geschehen, dabei würden einfache Maßnahmen viele Konfliktpunkte entschärfen. Zudem wäre es die Pflicht der Stadt gewesen, die vielen freiwilligen Helfer wenigstens logistisch und behördlich zu unterstützen. Über den Aktionsplan solle nun zudem erst am 2. September beraten werden, was beweise, dass es Fidesz gar nicht an Lösungen sondern an Eskalationen gelegen ist.

Innenminister Pintér hat den Bau von neun neuen Gefängnissen in Ungarn angekündigt, mit einer Gesamtkapazität für 5.000 Häftlinge. Damit wolle man die chronische Überbelegung (40%) beseitigen. Die Ausschreibungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Freitag, 31. Juli 2015

31news31 (Andere)
Mindestens 215 der 240.000 Angehörigen kommunaler Billigstarbeiterprogramme (Közmunka) sind auf Anweisung regionaler Behörden zur Mitarbeit am Grenzzaun zu Serbien rekrutiert worden. Laut Angaben eines Behördenleiters dient die Aktion als "Pilotprojekt". Die meisten der Arbeiter seien ohne Ausbildung, einige hätten die Berechtigung zum führen "leichter Baumaschinen". Eine Ablehnung der "Einladung" hat eine dreijährige Sperre sämtlicher Sozialleistungen zur Folge, das Einzugsgebiet wurde auf 50 Kilometer von den jeweiligen Bauplätzen festgelegt. Die Közmunkás werden Offizieren der ungarischen Armee unterstellt. - Außerdem gestand die Regierung ein, dass die Zaunbaukosten die 100 Mio. EUR-Grenze überschreiten werden. Finanziert wird das aus “Budgetreserven”.

Der parlamentarische Ombudsmannes für Grund- und Menschenrechte hat das Gesundheitsministerum aufgefordert, die geschlossene Abteilung der Psychatrie des Budapester Merényi Hospitals bis auf Weiteres zu schließen. Als Gründe wurden schwerwiegende Verstöße gegen Patientenrechte und gegen "unmenschliche Behandlung" angegeben, u.a. medizinisch nicht nachvollziehbare Zwangsbehandlungen und Zwangsmedikationen, schlechte hygienische Umstände und überfordertes bzw. sich nicht adäquat verhaltendes Personal angegeben. Fixierungen an Heizungskörper, Schläge und andere Foltermethoden wurden dokumentiert. Das Ministerium berät nun und will die Missstände durch Weisungen beheben, eine Schließung sei keine Lösung, hieß es.

Montag, 27. Juli 2015

"Kein Europäer, nur ein kleiner Mafiaboss": Reaktionen der ungarischen Opposition zu Orbáns Auftritt in Baile Tusnad (siehe auch 26.07.).

31bailetusnad (Andere)


 

MSZP ("Sozialdemokraten"): Könnte der Regimewechsel-Orbán (von 1989) dem heutigen zuhören, würde er krank werden vor Verzweiflung. Orbán "ist weder ein Visionär, noch Europa weisester Politiker, sondern einfach der Chef einer kleinen politischen Mafia vom Balkan." Wie kann er behaupten, Ungarns Zukunft sichern zu wollen, wenn er Ungarn gerade von Europa isoliert. Orbáns Ansichten sind nicht nur von der Linken, sondern auch von der europäischen Rechten weit entfernt, nur Extremisten vertreten ähnliche Standpunkte.

LMP (grün-nationalliberal): Ungarn hat einen "gefährlichen, engstirnigen, bornierten Ministerpräsidenten", der "offensichtlich keinerlei Anworten auf die globalen Herausforderungen hat". "Anstatt hysterisch zu werden, sollte Orbán zu gemeinsamem, europäischem Handeln auffordern". Europas Gefahr komme nicht "aus den Tiefen Afrikas", sondern ist Folge dessen, dass Europa auf Kosten der Dritten Welt gelebt hat und lebt und nun einen größeren Beitrag zur Bewältigung der Folgen zu tragen hat.

DK (linksliberal, Partei von Ex-Premier Gyurcsány): Orbán sei zu einem Politiker geworden, der nur noch auf ein Thema fixiert ist, "Einwanderung". "Das macht ihn blind und taub für Ungarns wirklich Probleme". Würde ihn "Ungarn wirklich kümmern, hätte er über die Hunderttausenden jungen Leute gesprochen, die Ungarn verlassen". Außerdem maßt sich Orbán an, festzulegen "wer Ungar ist und wer nicht". "Wer immer mit seiner Politik nicht einverstanden ist, ist kein Ungar", damit hat Orbán während seiner Rede 90% der Ungarn aus der Nation ausgeschlossen. Was Orbán sagte, ist "inakzeptabel für Demokraten", es bedarf einer "weiten Kooperation demokratischer Menschen, um diesen furchtbar schlechten Menschen endlich los zu werden".

Együtt (linksliberal, gegr. von Ex-Premier Bajnai): Orbán habe verwirrende und wirklich beängstigende Dinge gesagt - neben vielen leeren Worten. Besonders grauenhaft war seine Bemerkung, dass Linke Ungarn nicht mögen würden. Das belegt nur, dass es unmöglich ist, mit Orbán zu kooperieren, wenn er all jene, die nicht seiner Meinung sind, einfach aus der Nation ausschließt. Orbán ist kein Europäer, er repräsentiert keine europäischen Werte, sein Blick geht nach Osten.

Liberale (MLP): Orbán heizte Fremdenfeindlichkeit an, schafft Feindbilder und eine Notstandsstimmung. Alles Dinge, die all jenen bekannt vorkommen sollten, die sich mit der ungarischen Geschichte der Zwischenkriegszeit auskennen (Horthy > Pfeilkrezuler - > Judengesetze > Hitlerpakt > Untergang). Diesmal fand der ungarische Regierungschef seine Feinde in Brüssel, bei den Linken und bei hungernden Afrikanern...

Neonazis (Jobbik): Orbán solle seinen Worten Taten folgen lassen und dafür sorgen, dass entweder der Lissabon-Vertrag oder der ungarische Beitrittsvertrag angepasst wird, so dass die eingeforderte "Selbstbestimmung" Ungarns Wirklichkeit werden könne. Wenn sich Orbán wirklich Sorgen um Ungarn macht, würde er endlich die Grenzarmee wiederherstellen (gemeint die Gendarmerie nach faschistischem Vorbild) und Wirtschaftsflüchtlinge von politischen "separieren und wirklich abschieben". (Jobbik fordert Konzentrationslager und Massenabschiebungen ohne Verfahren, Forderungen, die durch die Realität fast erfüllt wurden.)


Quaestor: Spekulanten bestehen auf öffentliche Entschädigung für ihre Zockereien bei regimenahem Finanzdienstleister

Rund 700 Menschen demonstrierten am Samstagnachmittag vor der Zentrale der Ungarischen Nationalbank, weil ihnen die per Sondergesetz zugesagte priviligierte Entschädigung ihrer Käufe von illegalen Anleihen bei dem Fidesz-Pleite-Broker Quaestor teilweise vorenthalten wird. Der Quaestor-Masseverwalter hat derzeit nur rund 20% der Entschädigungszahlungen vorgenommen, weil die OTP Bank sich gerichtlich gegen nachträgliche Einzahlungen in einen Sicherungsfonds wehrt. Außerdem kam heraus, dass deutlich mehr "Opfer" Einlagen von 20.000 EUR und mehr hatten als zunächst festgestellt wurde, was den Verdacht weckte, dass Hunderte Günstlinge nachträglich in die Bücher geschrieben worden sein könnten.
Mehr dazu


Ludovika-Campus: Fidesz-Kaderuni erhält 90 Mio. EUR

 

Die Universität des Öffentlichen Dienstes, die sog. Ludovika, in der unter direkter Fidesz-Aufsicht und in Form einer Kaderschmiede, Polizisten, Soldaten, Steuerfahnder, Verwaltungsbeamte, aber demnächst auch Journalisten und PR-Manager geformt und getunt werden, erhält 30 Milliarden Forint für den Umbau seiner provisorischen Gebäude zu einem ausgedehnten Campus. Dazu gehören ein nagelneues Universitätsgebäude hinter dem alten Palais, ein Studentenwohnheim, Sportanlagen sowie die Renovierung der bestehenden Gebäude und des Parks. Die Ludovika war von 1872 bis 1944 die Offiziersschule des Landes. Per Gesetz wurden seit 2010 den anderen Unis verschiedene Fachhbereiche, Fakultäten und Studiengeänge entzogen und hier gebündelt. Ungarn hat 2015/2016 die niedrigste Studierendenzahl seit der Wende, die Hochschulausgaben sanken seit 2010 um 40%, die Akademikerquote ist die zweitniedrigste in der EU.
Mehr zur Ludovika
Mehr zur Zerstörung der Hochschullandschaft

Sonntag, 26. Juli 2015

Rassistischer Orbán im rumänischen Sommercamp: "Gefahr aus den Tiefen Afrikas"

30bailetusnad
Das sogenannte Sommer-College im rumänischen Baile Tusnad bietet dem ungarischen Premier Orbán wieder einmal die Bühne, um provokante Thesen in die Welt zu posaunen. Hier sang er bereits das Loblied auf die Effizienz von Autokratien und warb für die "illiberale Demokratie", seine Umschreibung für die mit klebrigem Nationalismus kaschierte Kleptokratie, die seine Regierung seit 2010 in Ungarn geformt hat.

Dass es in diesem Jahr um die Flüchtlingsproblematik gehen würde, lag auf der Hand. Orbán enttäuschte seine tausenden Fans nicht. Seine Thesen in Kürze: Wir wollen ein ungarisches Ungarn und ein europäisches Europa, beides wird durch Einwanderung aufs Spiel gesetzt. Ungarn beschützt - wieder einmal in der Geschichte - das christliche Europa.
Die Gefahr für selbiges kommt nicht aus den Kriegsgebieten, sondern "aus den Tiefen Afrikas." Es werden nicht die überleben, die versuchen weit voraus zu schauen, sondern jene (Völker), die ihre Geschichte (seine Interpretation davon) verstehen und die richtigen Lehren daraus ziehen. Die Ungarn seien sich einig: wir wollen keine Einwanderer und wir teilen nicht die "intellektuellen Spinnereien der europäischen Linken".

Danach wiederholte er seine sämtlichen Statements, die Flüchtlingswelle und Terrorismus sowie Kriminaltität gleichsetzten, sprach von der vom Volk gewünschten Notwendigkeit härterer Abwehrmaßnahmen, dem Versagen Brüssels und dass sein Ziel nur darin bestünde Ungarn zu einer Insel der Stabilität in einem Meer der Ungewissheit zu machen.
Die Linke hingegen setze in die Einwanderung die Hoffung, dass diese nationale Grenzen bald aufhebe (da schwingt der typisch rechte Vorwurf der "Umvolkung" mit). Wer diese Idee mittrage, wie die ungarische Linke, "hasse Ungarn". Wir würden unser Land bald nicht wiedererkennen... etc. etc.

Im übrigen wird der Grenzzaun zu Serbien bereits zum 31. August stehen, nicht erst Ende November. In einem gestellten Frage-Antwort-Spiel mit dem Publikum verbreitete Orbán sodann seine Visionen für "das Karpatenbecken", eine Art virtuelles Großungarn mit ihm an der Spitze - an der Seite des siebenbürgischen Separatistenführers Tökés. Gleichzeitig ließ er verkünden, dass die Finanzhilfen für die ungarischen Gemeinden in den Nachbarländern auf 28 Milliarden Forint, rund 93 Mio. EUR, aufgestockt werden - natürlich nur für zweckdienliche Projekte und Organisationen.

Eine englische Zusammenfassung des Auftritts finden Sie auf der Seite des Amtes des Ministerpräsidenten.
http://www.miniszterelnok.hu/in_english_article/europe_is_at_stake_today


Rassistische Gewalttat in Szeged aufgeklärt - Lázár: Ausländer sind Schuld

Der mutmaßliche Täter, der die ungarische Freundin eines für einen Flüchtling gehaltenen Ungarn in Szeged krankenhausreif geprügelt hatte, wurde von der Polizei gefasst. Es handelt sich um einen Mittzwanziger, der als Gefängniswache arbeitete. Orbáns Kanzler Lázár kommentierte das Verbrechen mit den Worten, dass "so etwas" in anderen Ländern auch passiere, vorzugsweise in solchen, wo der Einwanderungsdruck hoch sei. Die Flüchtlinge sind also daran Schuld, wenn Neonazis Einheimische verprügeln. Ein echter Lázár...

Ungarische Staatsbahn transportiert Flüchtlinge in abgeschlossenen Waggons

Die ungarische Staatsbahn MÁV sieht sich internationaler Kritik dafür ausgesetzt, Flüchtlinge auf Anregung der Polizei in verschlossenen Bahnwaggons transportiert zu haben. Der TV-Sender RTL Klub hatte darüber berichtet, dass die Flüchtlinge in speziellen Räumen an Bahnhöfen "zusammengetrieben" werden und dann in eigens angehängte Waggons gesperrt. MÁV erklärte, "Sicherheitsgründe" machten das notwendig, weil die angehängten Waggons "andere technische Spezifikationen" hätten. Außerdem sei die Maßnahme notwendig, um den Flüchtlingen das "kostenlose Reisen" zu ermöglichen. NGO´s kritisierten das Vorgehen, sowohl behördenseitig, aber auch dass die MÁV offenbar aus ihren Kollaborationen der Vergangenheit keine sensiblen Lehren gezogen habe.

Neonazi wegen Menschenschmuggel verhaftet

Der Chef der "Neuen Ungarischen Garde", einer neonazistischen Schlägertruppe, illegaler Nachfolger der 2009 verbotenen "Ungarischen Garde", die wiederum eine Gründung von Jobbik-Chef Vona war, soll in "organisierten Menschenschmuggel" von Flüchtlingen aus Serbien nach Ungarn verwickelt sein. Eine Tageszeitung identifizierte Róbert Kiss und einen Gesinnungsgenossen in einem aktuellen Bericht der Antiterroreinheit TÉK, Kiss hat seine Verhaftung mittlerweile eingestanden, er soll beim Schmuggel von fünf Syrern erwischt worden sein.

Finanzminister warnt vor Solidarität und Rentenkürzungen

Derzeit müht sich eine überparteiliche Initiative um die Abhaltung eines Referendums, die es Männern, die 40 versicherungspflichtige Arbeitsjahre auf dem Buckel haben, ermöglichen soll, bei vollen Pensionsbezügen in den Ruhestand geheen zu dürfen. Frauen genießen dieses Privileg bereits seit einigen Jahren "damit sie auf ihre Enkel aufpassen können, damit ihre Kinder arbeiten gehen können", so der damalige Wirtschaftsminister Matolcsy. Männer sollten dieses Recht auch bekommen, zumal gerade schwer arbeitende Berufsgruppen wie Bauarbeiter, Bergleute oder Feuerwehrmänner nach 40 Jahren im Beruf schlicht kaum noch arbeitsfähig sind. Der heutige Finanzminister will das nicht und warnt: sollte das Referendum durchkommen, werden alle mit Renteneinbußen rechnen müssen. Eine ziemlich deutlische Entscheidungshilfe für ein etwaiges Referendum...

Nationalbank kauft Münzzsammlung

Kurz nach dem offensichtlich überteuerten Erwerb eines Tizian-Gemäldes für rund 14,5 Mio. EUR, hat die Nationalbank eine Münzsammlung für rund 3,7 Mio. EUR erworben. Den Kauf wickelte man über eine Galerie ab, es handelt sich um 216 Münzen. Den Namen des Verkäufers hält die Nationalbank geheim.

Dienstag, 21. Juli 2015


30fluechtlinge


Ungarischer Staatssekretär warnt vor "Islamisierung" und "Invasion"

Die EU-Staaten haben sich gestern - nach quälend langem Ringen - auf die Aufnahme bzw. halbwegs solidarische Verteilung von mindestens 55.000 Flüchtlingen geeinigt. Ungarn ist das einzige der 28 Mitgliedsländer, das keinen einzigen Flüchtling aufnehmen wird. Das Land betreut 3.000 Asylbewerber, die große Masse der rund 80.000 in diesem Jahr über Ungarn Eingereisten zieht unmittelbar in westliche Länder weiter. Der Staatssekretär für "Soziale Integration", Miklós Soltész, findet die Haltung seiner Regierung nicht nur richtig, sondern geradezu überlebenswichtig. Europa mache einen schweren Fehler, die "Brüsseler Bürokraten" leisteten einer "Invasion" Vorschub, die "schlimme wirtschaftliche Konsequenzen" haben wird, außerdem handelt es sich um eine "Islamisierung" Europas, nur Ungarn schütze Europa wieder einmal davor, von Moslems überrant zu werden, "nicht zum ersten Mal in der Geschichte" wie Orbán kürzlich lamoryant ergänzte.
Mehr zum Thema.

Roma sollen ihr Selbstbild ändern

Die Roma seien an ihrem schlechten Image selbst Schuld, impliziert Ungarns "Superminister" für "Humanressourcen" Zoltán Balog - wieder einmal. Sie sollen an einem "neuen Selbstbild arbeiten" und neben ihrer "Zigeuner- auch ihre Ungarnidentität stärken" und so "den Abstand zur Mehrheitsgesellschaft verringern". Der ehemalige Pfarrer und heutige Philosoph auf dem Ministersessel hat übrigens die schulische Segregation in Ungarn
gesetzlich als "Förderinstrument" legalisieren lassen und fabulierte auch schon über "förderwürdige Menschen und solche, die dem Staat nur auf der Tasche liegen." Immerhin, der Fidesz-Roma-Chef Farkas hat den "Abstand" zu den Gepflogenheiten des Mainstreams schon bis zur Unkenntlichkeit verringert. Dessen Einstellung zu Korruption und Amtsmissbrauch ist mehrheitstauglich und daher vorbildhaft. Zu den ethnischen Säuberungen seiner Parteifreunde in Miskolc hatte Balog bisher nichts zu sagen. Mit einem anderen "Selbstbild" hätten die dortigen Roma ihre Zwangsumsiedlung vielleicht verhindern können...

Landraub: 25.000 EUR für wertlose Kopien

Die LMP (grün-nationalliberal) beklagt ein weiteres Mal, dass die Regierung die Herausgabe von Informationen über die Vergabe von staatlichem Agrarland an neue Pächter boykottiert. Das neue,
repressive "Informationsfreiheitsgesetz" zeigt nämlich erste Wirkung: für Infos über die letzten Ausschreibungen, die wieder einmal Fidesz-Günstlinge als Gewinner sahen, will das zuständige Ministerium im voraus 7,77 Mio. Forint Kostenbeteiligung des Anfragenden (rund 25.000 EUR). Dafür erhalte man aber nur unvollständige, weitgehend geschwärzte Aktenkopien. Die LMP will nun vor Gericht ziehen. Inzwischen wird an einem Gesetz gearbeitet, dass auch die Privatisierung von Staatsland und die bevorzugte Verteilung von EU-Agrarsubventionen in die richtigen Bahnen lenkt.

Neuer Job für MNB-Vize: MKB gesund demolieren

Ádám Balog, Vizechef der Nationalbank MNB verlässt seinen Posten, um Vorstandschef der vom Staat kürzlich völlig überteuert von der Bayern LB gekauften MKB zu werden. Sein Job: mit Steuergeldern die Bank so sanieren, dass vor allem die gescheiterten Immo- und Investmentprojekte der Klientel gerettet werden und das Institut für eine baldige Reprivatisierung in die Hände "vertrauensvoller ungarischer Geschäftsleute" (Orbán) erfolgen kann.
Mehr dazu. Außerdem teilte die MNB mit, dass sie ihr Büro in Hamburg eröffnet hat, weitere sollen in Paris, Rom, New York, Buenos Aires und Beirut folgen, "um wirtschaftlichen Trends" zu folgen - oder den Routen der einschlägigen Kunsthändler?

Preise für Balaton-Häuschen steigen

Die Preise für Ferienhäuser und -wohnungen am und rund um den Balaton sollen binnen eines Jahres um rund 20% zugelegt haben. Das berechnete der Immobilienhändler "Otthon Centrum". Dennoch sei die Gegend ein Schnäppchenparadies, denn der Durchschnittspreis für eine Immobilie an "Ungarns Meer" belaufe sich auf rund 150.000 Forint (ca. 485.- EUR) pro Quadratmeter. Die teuersten Ecken seien Balatonfüred, Balatongyörök und Vonyarcvashegy, für neue Objekte würden dort 400.000 Forint pro qm hingelegt in Siófok sogar 550.000 (1.800 EUR). In den vergangenen 12 Monaten hätten sich die Immobilienumsätze in der Region um 40% erhöht.

Oligarch Simicska wird vom Gemeinschafts-Trog entfernt

Das Aufsichtsgremium für öffentliche Ausschreibungen hat die Baufrima Közgép und deren Beteiligungen für drei Jahre von öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen. Grund sei ein "unverhältnismäßig billiges Angebot" für den Bau einer Hafenanlage bei Gönyü. Das Unternehmen will "alle rechtlichen Mittel" gegen diesen Ausschluss in Bewegung setzen, allerdings hat der Einspruch keine aufschiebende Wirkung. Dass Közgép das zentrale Unternehmen des Oligarchen Simicska ist, der sich seit Monaten in einem
"Krieg" mit Premier Orbán befindet, hat mit obiger Entscheidung natürlich nichts zu tun...

Kommentare zum Rücktritt: Von der Vida in die Traufe

Die Oppositionsparteien kommentierten den Rücktritt von NAV-Chefin Vida (siehe unsere Meldung am 20.07.), der am Montagnachmittag auch vom Finanzminister bestätigt wurde. MSZP: "eine weitere Stufe im Mafia-Krieg der Regierung", "Minister Varga hat die ganze Zeit gelogen", "die Regierung versucht, Vida reinzuwaschen", "keines der Schattengeschäfte wird durch den Rücktritt aufgeklärt". LMP: "hätte früher passieren müssen", "Vida wird gedeckt", "die Geheimniskrämerei muss aufhören", PM: "vom Regen in die Traufe, wenn Vida nur von einem anderen korrupten Orbán-Favoriten ersetzt wird". "Die Regierung ist nicht an Korruptionsbekämpfung interessiert". Jobbik: "Die Öffentlichkeit sollte die wahren Gründe für den Rücktritt erfahren", denn es ist doch unlogisch, Vida zu entlassen, wenn Orbán zuvor erklärte "dass es keine Gründe für ihren Rücktritt" gebe.

Ukraine will keine ungarischen Spione im Land

Der ungarische Botschafter in Kiew ist ins dortige Außenministerium zitiert worden und soll erklären, was ungarische Geheimdienste so in der Ukraine treiben. Vor einigen Tagen hatte nämlich Orbáns Kanzler, János Doppel-Null Lázár, im Zweitberuf nämlich nicht nur Hoteltester, Fasanenjäger, Uhrenträger und EU-Geld-Kassenwart, sondern auch Geheimdienstkoordinator,
damit geprahlt, dass "unsere Dienste in der Ukraine im Einsatz sind, um ungarische Interessen zu schützen". Die Ukraine findet das "inakzeptabel", dass Geheimdienste fremder Länder "ohne unsere Regierung zu informieren" hier tätig würden. Es sei außerdem unwahr, dass sich die Ukraine nicht ausreichend um den Schutz der ungarischen Minderheit kümmere. Lázár hatte kürzlich angekündigt, alle Ungarn aus Transkarpatien aufnehmen zu wollen, sollten sie (wegen der Eskalation mit dem Rechten Sektor) fliehen müssen.

(Kleine Ergänzung aus dem Nähkästchen: Die Putin-Presse, speziell der von frustrierten Ex-Stasis redigierte deutschsprachige "Sputnik" (das Internetportal des RT) spekulierte bereits darüber, dass Ungarn die "Westukraine auch annektieren" könnte. Macht man ja heute so, wenn einem beim Nachbarn was nicht passt, zumal alles unter "Kampf gegen den Faschismus" fällt. Derselbe "Sputnik" zitiert übrigens regelmäßig einen gewissen "Abgeordneten" Márton Gyöngyösi, wenn es darum geht moskau-konforme Meinungen aus Ungarn einzuholen. Gyöngyösi ist Jobbik-Abgeordneter und der führende Naziideologe dieser Partei, u.a. selbiger, der die Registrierung von Juden forderte. Der Zweck heiligt die Mittel?)

Hitzealarm

Das ungarische Gesundheitsamt ÁNTSZ hat einen Hitzealarm bis Freitag ausgegeben, Tagestemperaturen bis und über 38 Grad Celsius machen schonenden Lebenswandel und möglichst keine schweren Tätigkeiten im Freien empfehlenswert. Vielleicht sollte man die Plakatkampagne der Regierung erweitern: "Wenn Du nach Ungarn kommst, vergiss den Sonnenschutz nicht..."


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Montag, 20. Juli 2015

30vida (Andere)
15.20 Uhr: Nach langem, schweren Zieren, ist die Chefin des ungarischen Finanz- und Zollamts NAV, Ildikó Vida, seit Montag von ihrem Posten entfernt worden. Im November 2014 gab sie zu, ein Einreiseverbot der US-Regierung erhalten zu haben “wegen schwerer Involvierung in Korruption und Amtsmissbrauch” (das gab sie freilich nicht zu und verklagte - auf Anweisung Orbáns - den US-Gesandten, ergebnislos.). Trotz allem stand Orbáns Finanzminister Varga noch lange zu der Fidesz-Frau der 1. Stunde. Offenbar hat es 8 Monate gebraucht, bis die Parteioberen sich so abgesichert haben, dass das Insiderwissen der obersten Steuereintreiberin ihnen nicht mehr gefährlich werden kann. Vida hinterläst fiskalisch gesehen verbrannte Erde, nicht eingetriebene Steuern im Wert von rund 10% des BIP und eine durch und durch mafiöse Leitungsstruktur, samt ausgedehntem Günstlingsnetzwerk. Grund für ihre Entfernung war letztlich jedoch die Nähe zu dem in Ungnade gefallenen Oligarchen und früheren Fidesz-Finanzier, Simicska. Insofern ist auch nicht damit zu rechnen, dass die wirklich finsteren Machenschaften des NAV jemals aufgeklärt werden oder sich sonst etwas zum Guten ändern wird.

14.30 Uhr: Das Tauziehen zwischen dem Ungarischen Fußballverband MLSZ und dem deutschen Bundesliga-Club Hertha BSC ist zu Gunsten der Berliner entschieden. Ab sofort übernimmt der jetzige Nachwuchstrainer der ungarischen Nationalelf, der Deutsche Bernd Storck die A-Mannschaft, einschließlich der vier noch ausstehenden EM-Qualifikationsspiele. Interimstrainer Pál Dárdai kann nun exklusiv seinem Cheftrainer-Job bei der Hertha nachgehen. Mehr Sport und Fußball.

12.30 Uhr: Neonazis haben in Szeged eine junge Frau krankhausreif geprügelt. Auslöser dafür war, dass der Freund des Opfers der Bande nicht hellhäutig genug war und sie ihn deshalb als "illegalen Einwanderer" identifizierten und nach Serbien "abschieben" wollten. Die Freundin erklärte, er sei in Ungarn geboren und und ungarischer Bürger, daraufhin verprügelten mehrere "Männer" die Frau, während die anderen den Freund am Eingreifen hinderten. Hier ein ausführlicher Bericht http://www.hir24.hu/sotet-oldal/2015/07/20/sokkolo-foto-a-lanyrol-akit-baratja-miatt-vertek-ossze-szegeden/  Organisierte Übergriffe auf Flüchtlinge, aber auch auf ungarische Helfer nehmen auch in Ungarn täglich zu. Mehr zum Thema.

red.

 

 

 

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